Orgel-Seminar an der MHL: Rockige und sphärische Klänge
Die klassische Kirchenorgel kann viel mehr als Choräle: Im Masterstudiengang Orgelimprovisation an der Musikhochschule Lübeck lernen die Studierenden, dem Instrument mithilfe von modernster Technik neue Klänge zu entlocken.
Wenn es um die Orgel geht, denken die meisten an erhabene Klänge und kalte Kirchen. Es geht aber auch anders. An der Lübecker Musikhochschule sucht Professor Franz Danksagmüller immer wieder neue musikalische Wege. In seinem Studienprofil "Improvisation, Komposition, Neue Medien" ebnet er seinen Studierenden ungeahnte Möglichkeiten, das anscheinend starre Kircheninstrument mit neuen Klängen zu bespielen.
Die Pfeifen der Marcussen-Orgel im großen Saal der Musikhochschule Lübeck thronen haushoch über der Orgelbank. Doch die Töne, die im Saal erklingen, scheinen aus anderen Sphären zu kommen. Franz Danksagmüller und seine Studierenden aus dem Master-Studiengang "Master Orgelimprovisation" haben das Instrument ausgestattet mit Mikros und schicken den aufgenommenen Klang durch verschiedene Musikprogramme, die ihn verändern. Der Orgelprofessor ist fasziniert davon, welche Klangerweiterungen durch Technik möglich werden.
Studierende als Soundtüftler
Lennart Pries ist einer der Soundtüftler unter den Studierenden. Er spielt eigene Musik zu einem Stummfilm. Der wird beim Konzert auf eine Leinwand projiziert. Nach und nach entsteht ein Sound, den so vermutlich noch niemand aus einer Orgel geholt hat. Der Musikstudent ist angetan: "Das hilft, den Orgelklang ein bisschen aufzupeppen, vielleicht die ein oder andere Farbe dazuzugeben."
Rocksong auf der Orgel
Manch einer wird das Stück noch kennen: "Fanfare For the Common Man" von der Band Emerson, Lake and Palmer. Studentin Sarah Proske hat sich den 70er-Jahre Rocksong auf der "Königin der Instrumente" vorgenommen - und schickt den Sound ebenfalls durch den Computer. So wird aus der Kirchen- beinahe eine Hammond-Orgel, jedenfalls klanglich.
"Organisten neigen oft dazu, standardisiert mit der Orgel umzugehen. Man hat bestimmte Kombinationen von Klangfarben, die üblich sind. Oder bestimmte Spieltechniken. Durch so etwas kommt man nochmal auf ganz andere Gedanken und Ideen, wie man mit dem Instrument umgeht", sagt die experimentierfreudige Sarah Proske.
Studentin ergänzt Orgelmusik durch elektronische Zusatzklänge
Auch Patrycja Olszewska macht Musik zu einem Film - und zwar zu einem eigenen. Sie verändert nicht nur den Sound der Orgel, sie spielt vom Laptop auch noch Zusatzklänge ein. Thematisch geht es weit hinaus ins All. "In meinem Stück geht es um Planeten. Sollte es auf anderen Planeten Leben geben, dann klingt es vielleicht so wie meine elektronischen Effekte."
Fremde Planeten, neue Klänge, ungewöhnliche Musik: Horizonterweiterung also. Für die Studierenden und ihren Professor eine ganz neue Erfahrung und eine Möglichkeit, die Musik für die gute alte Orgel ganz neu zu denken.