"1.000 Töpfe": Persönliche und politische Esskultur im MARKK
Im Hamburger Museum MARKK widmet sich die große Sonderaustellung "1.000 Töpfe. Was Essen uns angeht" der Nahrungsaufnahme: Essen verbindet, unterhält, tröstet und ruft Erinnerungen wach, wie nur wenig anderes in unserem Alltag.
Organisatorin Lara Selin Ertener erläutert die Besonderheit der Ausstellung: Ziel sei es gewesen, Personen aus der Stadtgesellschaft entscheiden zu lassen, "was zu sehen sein wird, welche Themen, aber auch welche Objekte aus der Sammlung". Diese ausgewählten Objekte sollen dann in Verbindung gebracht werden mit persönlichen Geschichten.
So ist an einer Station beispielsweise der Usbeke Ulugbek Ahmedov zu hören, der von seiner Kindheit berichtet: "Als kleiner Junge saß ich oft auf dem Teppich neben meiner Mutter. Ich erinnere mich noch genau, wie sie mich das erste mal den Teig für Pelmini falten ließ, während der Geruch von frischgemahlenem Kümmel und frischem Teig in die Luft stieg."
Es gibt nicht DIE China-Nudel oder DAS China-Restaurant
Das Museumsteam hat Menschen auf der Straße angesprochen, auf Märkten oder in Hamburgs unterschiedlichen Communities. Und es lud zu großen Kochveranstaltungen ein, die sehr stark besucht waren, wie Noam Gramlich berichtet: "Wir haben zum Beispiel mit der chinesischen Community verschiedene Nudeln zubereitet, mit dem Hintergedanken, die Diversität von chinesischem Essen zu zeigen. Gegen das Narrativ, dass es so DIE China-Nudel gibt, oder DAS chinesische Restaurant. China ist ein Riesenland mit unterschiedlichen Einflüssen, Esskulturen."
Persönliche und politische Geschichten ums Essen
Das Ergebnis ist eine erstaunliche - und erstaunlich politische Ausstellung: auf großen, organisch geformten Tischen liegen Alltagsobjekte des Museums neben denen der Teilnehmenden, und erzählen zusammen mit Texten, Fotos, Videos oder Hörstationen persönliche und politische Essens-Geschichten.
So steht ein altes Nudelholz für Erinnerungen an die sizilianische Großmutter, die jeden morgen frischen Pastateig herstellte. Einige T-Shirts mit der Aufschrift "Nasi Goreng" erzählen vom aktuellen Hype um das indonesische Nationalgericht, das in jeder Region des Inselstaates anders gewürzt wird und so die kulturelle Vielfalt des Landes spiegelt.
Kapitalismus, Globalisierung, Kolonialismus
"Das Thema der globalen Märkte, Kapitalismus, Globalisierung, Kolonialismus und die aktuelle Wirtschaftsstrukturen war ein ganz zentrales Thema für viele, die sich beteiligt haben", sagt Ertener. So dreht sich eine Geschichte um Coca-Cola. Und ein Video verbinde die Bedeutung der Yams-Wurzel mit der Geschichte um koloniales Raubgut aus Westafrika.
"Archäologische Funde deuten darauf hin, das Yamswurzeln bereits in der Jungsteinzeit vor 10.000 Jahren in Westafrika gesammelt und genutzt wurden", heißt es in dem Video. Später sollten Figuren-Altäre für eine gute Ernte sorgen. Das MARKK besitzt aus kolonialen Zeiten drei Prachtexemplare aus Nigeria. Nigeria selbst besitzt nur noch einige Fragmente.
Kulturelle Einflüsse verändern das Essen
Und dann steht man wieder vor dem Kazan, der großen Schale von Ulugbek Ahmedov, in der er Essen für Freunde kocht. Die für Gemeinschaft steht, und dafür, wie sich durch Exil, Reisen und andere kulturelle Einflüsse Vorstellungen von traditionellen Gerichten verändern können: "In meinem Küchenschrank finde ich neben Kurkuma und Kreuzkümmel nun auch Meerrettich und Bauzener Senf, Wasabi-Paste, Sternanis. Ich habe gelernt, die Vielfalt zu schätzen und meinen kulinarischen Wurzeln treu zu bleiben."
"1.000 Töpfe": Persönliche und politische Esskultur im MARKK
Bis November nächsten Jahres zeigt das Museum am Hamburger Rothenbaum die kulturelle Vielfalt unserer Nahrung.
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- Ausstellung
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- Ende:
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MARKK Museum am Rothenbaum Kulturen und Künste der Welt
Rothenbaumchaussee 64
20148 Hamburg - Telefon:
- 040/ 42 88 79 - 0
- E-Mail:
- info@markk-hamburg.de
- Preis:
- 9,50 Euro
- Öffnungszeiten:
- Dienstag bis Sonntag 10 - 18 Uhr
Donnerstag 10 -21 Uhr