Regisseurin Caroline Link: "Hape Kerkeling ist einzigartig"
Die oscarprämierte Regisseurin Caroline Link hat Hape Kerkelings Buch "Der Junge muss an die frische Luft" verfilmt. Anlässlich des 60. Geburtstags des Entertainers erzählt sie von ihrer gemeinsamen Arbeit.
Wie Hape Kerkelings Kindheit gewesen ist, dass er schon als kleiner Junge auf den Familienfeiern alle zum Lachen gebracht hat, aber auch früh seine Mutter verlor, die sich das Leben nahm - all das wissen wir aus seiner Autobiografie. Keine Geringere als Oscar-Preisträgerin Caroline Link ("Nirgendwo in Afrika") hat das Buch verfilmt - unter dem Titel "Der Junge muss an die frische Luft". NDR Kultur hat mit Caroline Link gesprochen.
An welchem Punkt der Autobiografie wussten sie: 'Das muss ich verfilmen!'?
Caroline Link: Das Projekt kam zu mir, da war das schon relativ weit. Die Ruth Thomas hat zusammen mit der Ufa ein sehr, sehr schönes Drehbuch entwickelt, und ich habe das gelesen. Da war ich im Skiurlaub. Mit gerissenem Kreuzband lag ich im Hotelbett und habe das gelesen. Die wollten das im Sommer drehen und ich dachte, hoffentlich heilt mein Knie schnell genug, damit ich diesen Film machen kann. Das Drehbuch hat mich vom ersten Moment an umgehauen. Ich fand es wunderbar.
Es ist nicht leicht, einen Film zu drehen über jemanden, den man schätzt und der zudem noch lebt. Was waren Ihre Bedenken?
Link: Das war gar keine Sorge. Ich gucke dann nur auf das, was da vor mir liegt. Und das war eben diese emotionale Geschichte über diesen kleinen, besonderen Jungen. In den habe ich mich sofort verliebt. Ich finde, dieser kleine Junge ist immer noch im Hape drin. Wenn man ihm dann begegnet und man weiß um seine Kindheitsgeschichte und seine Wurzeln, dann schaut man anders auf diesen Mann. Ich habe im Hape immer diesen kleinen Jungen gesehen, als ich ihm dann begegnet bin. Da hatte er einen riesengroßen Sympathievorsprung bei mir - einfach weil ich wusste, was er auch für ein Päckchen mit sich herumträgt.
Spontan schockverliebt war auch ganz Deutschland in Julius Weckauf, der die Rolle des jungen Hape gespielt hat. Und Hape Kerkeling soll gesagt haben: Der ist wie ich. Wie war für Sie die Arbeit?
Link: Kinder sind keine Schauspieler. Kinder sind Kinder und denen muss man natürlich sagen, was sie machen sollen. Aber der Julius hatte diese Fähigkeit, genauso trocken wie der Hape diese Sätze rauszuhauen, die da im Drehbuch standen und erstmal nicht über sich selbst zu lachen, sondern das ganz ernst zu meinen. Das ist ganz wichtig.
Eine witzige, wirklich witzige Wirkung haben wirklich nur wenig Menschen. Und der Julius hat dieses Talent, dass er sich nicht bewusst ist, dass er jetzt einen Witz gemacht hat; dass er einfach etwas sagt, was dann sitzt wie eine Eins. Das haben wir in Probeaufnahmen im Casting natürlich vorher ausprobiert. Ich werde nie vergessen, wie die sich zum ersten Mal begegnet sind und sich angeguckt haben - im Tonstudio irgendwo in Berlin. Er hat zu ihm gesagt hat: "Du bist jetzt also ich." Und der Julius auf Hape geguckt hat: "Und du bist so ein Star - und was du machst, das will ich auch mal irgendwann machen." Er war natürlich vor allem beeindruckt von dieser berühmten Persönlichkeit.
Hape hat sehr, sehr viele Rollen, in denen wir ihn erlebt haben. Ich musste neulich meinen Personalausweis verlängern lassen und das Gegenüber auf dem Amt war so ein bisschen kurios, dass ich dann später gesagt habe: Es könnte auch der Hape gewesen sein. Welche Rolle ist Ihnen denn am liebsten von Hape Kerkeling?
Link: Ich kann über Hape wirklich sehr lachen. Ich habe vor allem diese Sketche in Erinnerung. Wenn ich mir die anschaue, könnte ich mich wegschmeißen vor Lachen. Das sind oft ganz kleine Sachen. Also ich liebe natürlich Uschi Blum. Horst Schlämmer ist auch witzig, aber wenn ich so etwas höre, wie diese Durchsage auf dem Petersplatz, der Aufruf des Papstes zum Abendgebet in allen Sprachen dieser Welt - das finde ich so unfassbar lustig. Wie das losgeht, erst mal noch in einem korrekten Englisch und dann in tausend Sprachen, die Hape ja nur imitiert, übergeht.
Oder dieser Sketch mit diesem Schachwettkampf vom FC Bayern Bundesligaverein, wo er als orientalischer Schachspieler durch die Reihen geht und einen nach dem anderen platt macht, weil er einen Knopf im Ohr hat und eine Schachweltmeisterin oder so etwas ihm einflüstert, was er tun soll. Da ist er so einzigartig. So etwas findet man nicht so leicht noch einmal in Deutschland. Das ist das, was den Hape ausmacht, dass er immer wieder überrascht, dass er in so viele Rollen schlüpft und dass er unglaublich gut mit Sprache umgehen kann.
Zu jeder Art von Humor gehört auch immer Melancholie - oder Spiritualität vielleicht. Bei Hape Kerkeling wissen wir das ganz besonders. Ist das auch das Wichtige, um zu verstehen, wie dieser Junge das wurde, als das wir ihn heute kennen?
Link: Ich glaube, ja. Der Hape hat diese große Qualität, dass er sich nie über die Menschen lustig macht. Er stellt sich nie über Leute, und das ist auch wirklich so. Wenn man den Hape kennenlernt, dann ist das so, dass er durchaus kritisch sein kann und auch manchmal wahrscheinlich im Umgang mit der Presse oder mit der Öffentlichkeitsarbeit ein bisschen zickig.
Wenn er funktionieren soll, das mag er nicht immer so gerne. Aber was wirklich reizend ist an ihm, ist die Begegnung mit ganz normalen Leuten. Die sind zuweilen bei Hape wirklich sehr zudringlich, weil sie denken: "Hey, ich kenne dich, ich setze mich jetzt mal auf deinen Schoß, lass uns mal ein Selfie machen." Aber da reagiert der Hape immer extrem freundlich.
Er mag die normalen Menschen und die mag er wirklich, das ist keine Show. Er kann gut mit denen. Er ist unfassbar herzlich zu jedem, der da kommt. Und das ist so supersympathisch an ihm. Ich glaube, diese Qualität, dass er sich nicht erhebt über die Leute, dass er keine Starallüren hat und dass er nicht denkt, er ist etwas Besseres und sich in seinen Witzen eben nicht über die Leute lustig macht, hat er in sich, weil er eben weiß, wie hart das Leben sein kann. Wie schnell auch alles immer wieder vorbei sein kann, wie herausfordernd Situation sein können - und wie schwer für manche Menschen das Leben ist. Er ist ein sehr empathischer, sensibler Mensch. Deswegen ist er sehr gut geerdet, glaube ich. Das macht ihn so liebenswert,
Der wirklich wunderbare und liebenswerte Film heißt "Der Junge muss an die frische Luft". Was muss denn der immer noch junge Hape jetzt mit 60?
Link: Der muss überhaupt nichts mehr. Das ist ja das Schöne, er ist ja komplett frei. Ich glaube, was ihm sehr großen Spaß macht, ist das Schreiben. Er schreibt ja wirklich sehr gerne und auch sehr gut und sehr erfolgreich. Ich hoffe, er tritt auch noch ein paar Mal vor die Kamera, und ich denke, es wird auch noch ein paar Verfilmung mit ihm geben.
Das Gespräch führte Philipp Schmid.