Hand in Hand: Gemeinsames Nähen verbindet die Generationen
Gemeinsames Nähen ist für viele zu einem verbindenden Hobby geworden. In Großenmeer (Landkreis Wesermarsch) hat sich ein Verein gegründet, bei dem alle Generationen beisammen sind und voneinander lernen.
Manuela Lässig hat ihre alte Nähmaschine aus den 1980ern wieder rausgekramt, seit sie den Nähtreff im Gemeindehaus von Großenmeer (Landkreis Wesermarsch) alle 14 Tage besucht. Die 61-Jährige näht an einer Patchwork-Decke. Das könnte sie zwar auch zuhause tun, aber: "Wenn man Fragen hat, sind andere da, die einem helfen können. Und: man hockt nicht alleine zuhause", sagt sie.
Alle Generationen nähen gemeinsam
30 Mitglieder hat der Verein Nähtreff Großenmeer - größtenteils Frauen, aber einige Männer sind auch dabei. Zwischen sechs und 70 Jahre alt sind die Teilnehmenden. Die Altersklassen profitieren voneinander, ohne dass ein von der Öffentlichkeit initiiertes Projekt dahinter steckt: "Die jungen Menschen hier profitieren ganz klar von der Wissensweitergabe und die Älteren wiederum sind froh, einen Ort zum Treffen für Gespräche zu haben und gleichzeitig kreativ tätig zu sein", sagt Annika Diers, Mitbegründerin des Vereins.
Corona-Pandemie bringt Aufschwung fürs Nähen
Seit der Pandemie hat das Hobby Nähen wieder Aufschwung gewonnen. Den Nähtreff Großenmeer gab es allerdings schon vorher: "Wir waren eine Gruppe junger Mütter, die für ihre Säuglinge genäht haben", sagt Annika Diers. Ihre Tochter Martha ist inzwischen neun Jahre alt und näht gerade an einer der vielen Mützen für den Weihnachtsbasar.
Mit der Nähmaschine gegen Einsamkeit
Christina Lissewsky ist alleinerziehende Mutter einer vierjährigen Tochter. Sie näht fleißig kunterbunte Kleidungsstücke mit den Lieblings-Disney-Motiven ihrer Tochter, alles Geschenke zu Weihnachten. Ihr Alltag ist stressig und weniger vom Alleinsein geprägt. Dennoch ist Einsamkeit ein Thema: den Alltag zu bewältigen beanspruche all ihre Zeit, da bleibe kaum Zeit für soziale Kontakte, die nicht mit der Erziehung ihrer Tochter zusammenhingen. "Hier nähe ich zwar Dinge für meine Tochter, habe aber trotzdem meine "Me-Time" mit netten Gespräche mit den anderen", sagt die 41-Jährige.
Nähkurs: Gemeinschaft und Integration
Bisher bringen alle Mitglieder ihre eigenen Nähmaschinen mit. Doch nicht alle besitzen eine eigene. Die 12-jährige Tala Fakih näht ihre Kochschürze an der Zweitmaschine ihrer Sitznachbarin. Die Siebtklässlerin stammt aus dem Libanon. Beim Nähtreff hat die Migrantin gleichgesinnte Freundinnen gefunden - keine Selbstverständlichkeit hier in der ländlichen Wesermarsch.
Mit 300 Euro unterstützt die Bürgerstiftung Ovelgönne den Verein jährlich. Davon wird unter anderem die Raummiete bezahlt, im letzten Jahr wurden außerdem ein Bügelbrett und ein Bügeleisen angeschafft. Vielleicht ist im kommenden Jahr eine gemeinschaftliche Nähmaschine drin, "das wäre schön", sagt Annika Diers.