Grabsteine von Kriegsgräbern auf dem Friedhof Hamburg-Ohlsdorf © imago images/Hauke Hass
Grabsteine von Kriegsgräbern auf dem Friedhof Hamburg-Ohlsdorf © imago images/Hauke Hass
Grabsteine von Kriegsgräbern auf dem Friedhof Hamburg-Ohlsdorf © imago images/Hauke Hass
AUDIO: Volkstrauertag: Der "stille Feiertag" (2 Min)

Volkstrauertag: Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt

Stand: 17.11.2024 05:00 Uhr

Der Volkstrauertag gehört zu den "stillen Feiertagen". Seit 1922 erinnert er zwei Sonntage vor dem ersten Advent an die Opfer von Kriegen und Gewalt. Der Bundespräsident spricht im Bundestag traditionell das Totengedenken.

"Leiden zu lindern, Wunden zu heilen, aber auch Tote zu ehren, Verlorene zu beklagen, bedeutet Abkehr von Hass, bedeutet Hinkehr zur Liebe, und unsere Welt hat die Liebe not." Paul Löbe 1922 im Berliner Reichstag

Mit diesen Worten erinnerte der damalige Reichstagspräsident Paul Löbe (SPD) 1922 im Berliner Reichstag an das Leid der Menschen im und nach dem Ersten Weltkrieg. Anlass war die erste Feierstunde zum Volkstrauertag. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge hatte den Gedenktag für die gefallenen Soldaten angeregt. Heute erinnern die Menschen in Deutschland mit dem "stillen Feiertag" zwei Sonntage vor dem ersten Advent an alle Kriegstoten und die Opfer von Gewaltherrschaft aller Nationen. Die Flaggen an öffentlichen Gebäuden wehen auf Halbmast, Tanz- und Musikveranstaltungen sind nur mit Einschränkungen erlaubt.

In der NS-Zeit ein "Heldengedenktag"

Seit 1926 war der Volkstrauertag in den meisten Ländern des Deutschen Reichs ein offizieller Gedenktag. Der Termin lag zunächst auf dem Sonntag Reminiszere, fünf Wochen vor Ostern. 1934 erklärten die Nationalsozialisten den Volkstrauertag per Gesetz zum Staatsfeiertag und benannten ihn in "Heldengedenktag" um.

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Ein niedergelegter Kranz am Volkstrauertag in Hamburg. © Screenshot

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Neuer Termin nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge erneut für einen nationalen Gedenktag für die Kriegstoten ein. Im Bundestag gab es 1949 jedoch keine Zustimmung für einen nationalen Trauertag. Schließlich empfahl ein breites Bündnis von Politik und Kirchen den Bundesländern, den zweiten Sonntag vor dem ersten Advent als Volkstrauertag zu schützen. Eine Woche später gedenkt die Evangelische Kirche mit dem Toten- oder Ewigkeitssonntag aller Verstorbenen. Als gesetzlicher Feiertag gilt der Volkstrauertag nicht.

In der DDR gab es am zweiten Sonntag im September einen "Internationalen Gedenktag für die Opfer des faschistischen Terrors und Kampftag gegen Faschismus und imperialistischen Krieg". 

Zentrale Feierstunde mit Totengedenken im Bundestag

Gedenkstunde zum Volkstrauertag im Bundestag © Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. Foto: Uwe Zucchi
Die zentrale Feierstunde findet im Plenarsaal des Bundestages statt.

Seit 1950 findet im Deutschen Bundestag eine zentrale Feierstunde zum Volkstrauertag statt, an der auch der jeweilige Bundespräsident sowie der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin teilnehmen. Offizieller Veranstalter ist der Volksbund. Traditionell spricht der Bundespräsident dabei das sogenannte Totengedenken.

"Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker." Beginn des Totengedenkens am Volkstrauertag

Zuvor legen Vertreter aller Verfassungsorgane in der Neuen Wache in Berlin, der zentralen Gedenkstätte Deutschlands für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, Kränze nieder. Auch in vielen anderen Städten und Gemeinden gedenken Menschen an Mahnmalen und mit Feierstunden der Opfer.

Gedenktage im November

Allerheiligen: Gedenktag der katholischen wie evangelischen Kirche am 1. November für alle vom Papst heilig gesprochenen Menschen und jene, die ihren Glauben konsequent leben. Gesetzlicher Feiertag in Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland.

Allerseelen: Gedenktag der katholischen Kirche für alle Verstorbenen und ihre Seelen am 2. November. Kein gesetzlicher und kein "stiller" Feiertag. Das bedeutet, dass öffentliche Veranstaltungen stattfinden dürfen, auch wenn sie nicht dem "ernsten Charakter" des Tages entsprechen.

Volkstrauertag: "Stiller Feiertag" am vorletzten Sonntag des evangelischen Kirchenjahres. 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Gedenken an die Toten des Ersten Weltkriegs eingeführt.

Buß- und Bettag: Evangelischer Feiertag, der der Besinnung und kritischen Lebensbilanz dienen soll. Als gesetzlicher Feiertag 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung abgeschafft (Ausnahme: Sachsen). Termin: mittwochs zwischen Volkstrauertag und Totensonntag.

Totensonntag: "Stiller Feiertag", an dem evangelische Christen der Verstorbenen gedenken. Termin: eine Woche vor dem 1. Adventssonntag.

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Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 19.11.2023 | 19:30 Uhr

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