Stand: 18.01.2014 10:35 Uhr

Töne und Bilder "Aus der Neuen Welt"

von Alina Laura Tiews, Hans-Ulrich Wagner
Peter von Zahn: Journalist, Rundfunkmann der ersten Stunde und Mitbegründer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. © NDR
Peter von Zahn war ein guter Beobachter und entdeckte im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" auch Schattenseiten.

Doch je länger der NDR Mann in der "Neuen Welt" lebte, desto besser lernte er sie kennen und desto mehr Schattenseiten entdeckte er. Eine der bedrückendsten stellten für ihn die Rassenkonflikte dar. Peter von Zahn verhehlte nicht, was er sah. Seine Berichte wurden facettenreicher und kritischer. Er selbst bekannte in einer Hörfunk-Sendung im März 1956, dass es für ihn "kein schwierigeres Problem für die Neue Welt" gebe als die Rassentrennung, und "keines, dem man angesichts seiner weltweiten Rückwirkungen inbrünstiger eine gerechte Lösung wünschen könnte".

Kontinuierlich widmete er sich der aufbegehrenden Bürgerrechtsbewegung. Seine Beiträge verfolgten die Ereignisse in den Südstaaten. Diese spitzten sich zu, als der Oberste Gerichtshof in den USA 1954 die Rassentrennung in den Schulen für verfassungswidrig erklärte. Die afroamerikanischen Studenten, die sich daraufhin in die Schulen und Universitäten einklagten, provozierten Unruhen und Proteste. Peter von Zahn schilderte dem Publikum die sich "rapide verschlechternden Beziehungen zwischen Negern und Weißen", die im "tiefen, schwarzen Süden der Vereinigten Staaten (…) in aller Munde" seien.

Der Fall Rosa Parks

Wo immer die Konflikte eskalierten, war Peter von Zahn vor Ort - beispielsweise in Montgomery, der Hauptstadt Alabamas. Im Winter 1955/56 meldete er: Hier "boykottiert die Hälfte der Bevölkerung seit Dezember die Verkehrsgesellschaft", weil sich eine afroamerikanische Buspassagierin namens Rosa Parks geweigert hatte, "in einem voll besetzten Omnibus, einen für Weiße vorbehaltenen Platz zu verlassen". Heute ist Rosa Parks eine Legende. Mit ihrer mutigen Busfahrt verhalf sie der Bürgerrechtsbewegung zum Durchbruch. Die Deutschen erfuhren von der stillen Kämpferin zuerst durch die Radioberichte Peter von Zahns.

Die "Little Rock Nine"

Peter von Zahn: Ab Juli 1945 beim NWDR, ab 1948 Leiter des NWDR-Studios in Düsseldorf, 1951 - 1960 Korrespondent in Amerika, hier als Fernsehkorrespondent am 03.10.1959 in Amerika/Waschington D.C. © NDR/Hans-Ernst-Müller
AUDIO: Was geschah in Little Rock? (10 Min)

In Little Rock, der Hauptstadt Arkansas‘, kam es 1957 zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Miliztruppen und der weiße Mob wollten afroamerikanische Schüler am Besuch der Central High School hindern. Peter von Zahn hielt seine Hörer in mehreren Radiobeiträgen auf dem Laufenden. Neun Schüler sollten am 4. September den Anfang machen und die ersten afroamerikanischen Schüler an der Central High School von Little Rock werden. Sie wurden berühmt als die "Little Rock Nine". Doch die weiße Bevölkerung des Ortes organisierte sich gegen die neuen Mitschüler. In seiner Radiosendung nannte Peter von Zahn die rassistischen Hardliner unmissverständlich "Radaubrüder". Doch niemand hinderte sie.

Der Kampf um gleiche Rechte

Peter von Zahn klagte an, dass so viele einfach still hielten. All die "würdigen, lokalpatriotischen, freundlichen und höflichen weißen Leute (…). Sie hielten (…) den Mund, weil es nun mal nicht zum guten Ton gehört, sich für die volle Gleichberechtigung der Neger einzusetzen. (…) Sie hielten den Mund, weil sie auf Grund ihrer Erziehung davon überzeugt sind, dass die Neger ungebührlich viel verlangen, wenn sie gleiche Rechte verlangen."

Erst drei Wochen später, am 25. September, nach schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen, gelang es den "Little Rock Nine" zum ersten Mal, einen ganzen Tag lang dem Unterricht beizuwohnen. Präsident Eisenhower hatte sich eingeschaltet und eine Spezialeinheit der Armee zum Schutz der Gruppe geschickt.

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Die Zäsur

Der Skandal um die "Little Rock Nine" sollte in Peter von Zahns Berichten "Aus der Neuen Welt" zur Zäsur werden. Zum ersten Mal widmete er den Rassenunruhen auch einen Fernsehbeitrag, der am 6. Oktober 1958 ausgestrahlt wurde. Unter der Überschrift "Das Schulhaus und die Neger in USA" erzählte der engagierte Journalist von den unerhörten Ereignissen, die sich in der Hauptstadt des Bundesstaates zugetragen hatten. Die Programmzeitschrift "Hör zu!" griff das Thema ihrerseits auf. Sie kündigte die politisch brisante Folge groß an: "Die USA sind größer als Little Rock. Peter von Zahn wird uns zeigen, ob Little Rock typisch ist." Doch die kritische Berichterstattung im Fernsehen sollte keine Fortsetzung finden. Der USIA, dem amerikanischen Presseamt und finanziellen Förderer von Peter von Zahns Fernsehreihe, gefiel der Themenwechsel hin zu Unruhen und Bürgerrechtsbewegung nicht. Sie stellte die Unterstützung ein.

Andere Länder rücken ins Blickfeld

Unpolitischer wurden die Fernsehbeiträge von Peter von Zahn dadurch jedoch nicht. Doch die "Bilder aus der Neuen Welt" mussten die USA-Themen reduzieren und Beiträge aufnehmen, die von den Ländern südlich des Äquators berichteten. Dort war die Produktion billiger und von Zahn deshalb nicht auf die Gelder der USA angewiesen. Das "Fenster zur Welt", das der Journalist aufgestoßen hatte, ließ sich jedoch nicht mehr einfach schließen. Mit den "Bildern aus der Neuen Welt" hatte sich das Fernsehen unaufhaltsam als ein wichtiges politisches Medium erwiesen.

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