Die deutsche Blindenfußball-Nationalmannschaft der Frauen © Witters

Ohne Küster keine Tore - Blindenfußballerinnen vor dem WM-Aus

Stand: 16.08.2023 20:44 Uhr

Die deutschen Blindenfußballerinnen warten bei den Weltmeisterschaften in Birmingham auch nach dem zweiten Gruppenspiel auf ihren ersten Treffer. Nach der 0:3-Niederlage zum Auftakt gegen Argentinien mussten sich die Europameisterinnen gegen Österreich mit einem torlosen Remis zufriedengeben.

Die deutsche Auswahl benötigt bei ihrer WM-Premiere somit am Freitag im abschließenden Gruppenspiel gegen Indien dringend einen Erfolg, um die Chance auf den Halbfinal-Einzug zu wahren. Doch selbst ein Sieg könnte nicht zum Weiterkommen reichen, wenn Österreich, das die bessere Tordifferenz hat, gegen Argentinien gewinnen sollte. Die Südamerikanerinnen haben sich bereits für die Vorschlussrunde qualifiziert. Sie gelten gemeinsam mit den Japanerinnen, die in der Parallelgruppe die Tabelle anführen, als Titelfavoritinnen.

EM-Heldin Küster vom Turnier ausgeschlossen

Beim deutschen Team, das aus acht Spielerinnen des FC St. Pauli sowie Amire Schwarz (Borussia Dortmund) und Melissa Potraz (Fortuna Düsseldorf) besteht, wiegt der Ausfall von Thoya Küster schwer. Die 17-Jährige hatte die Mannschaft im vergangenen Jahr bei der EM im italienischen Pescara praktisch im Alleingang zum Sieg geschossen. Eine Teilnahme an der WM in England wurde der besten Blindenfußballerin Europas nun kurz vor dem Turnierstart untersagt.

Minimal zu starke Sehfähigkeit lässt WM-Traum platzen

"Thoya ist leider von den Augenärzten vor Ort als nicht spielfähig eingestuft worden. Es gibt im Bereich des paralympischen Sports immer Klassifikationen. Und im Bereich des sehbehinderten Sports wird die Sehfähigkeit der Athletinnen quasi ausgemessen. In Pescara wurde Thoya B3 ("sehbehindert", die Redaktion) klassifiziert, aber unter der Auflage, sich beim nächsten Wettbewerb wieder den Klassifizierern vorzustellen und dabei neue Untersuchungsergebnisse mitzubringen. Und diese Untersuchungsergebnisse plus die dann in England durchgeführten Untersuchungen haben bei Thoya eine 0,1 Prozent zu starke Sehfähigkeit auf ihrem besseren Auge nachgewiesen. Also sie ist ganz, ganz knapp nicht klassifiziert worden", erklärte Interims-Bundestrainer Wolf Schmidt dem NDR.

Coach Schmidt: "Glaube, sie ist super traurig"

Küster, die im vergangenen Jahr als Hamburgs weibliches Sporttalent ausgezeichnet wurde, ist für die gesamte WM nicht spielberechtigt. Und so perfide es auch klingt: Weitere Teilnahmen an großen Turnieren sind für die St.-Pauli-Spielerin nur möglich, wenn sich ihr Augenlicht bis dahin verschlechtert hat. "Und das muss dann mit einem neuen Befund belegt werden", sagte Schmidt, der auch ihr Coach beim Kiezclub ist.

Er habe mit der 17-Jährigen nach der niederschmetternden Nachricht über ihren WM-Ausschluss noch nicht sprechen können, so Wolf: "Aber ich glaube schon, dass sie super, super traurig ist, weil es für sie natürlich das sportlich Größte gewesen wäre, hier dabei zu sein. Ich denke, dass das schon sehr tief an ihr nagt."

Deutschlands Blindenfußballerinnen "Pionierinnen"

Zwar zeigten die deutschen Blindenfußballerinnen auch ohne Küster in den ersten beiden WM-Spielen gute Leistungen, aber sie belohnten sich bisher nicht für die couragierten Auftritte mit einem Tor. "Auf den Titel hätten wir aber auch mit Thoya nur eine kleine Chance gehabt. Argentinien und Japan haben einfach die besseren Rahmenbedingungen. Dort gibt es eigene Frauenligen. Wir sind hingegen Pionierinnen, die sich selbst finanzieren müssen", erklärte Schmidt.

Weil Frauen-Blindenfußball anders als Männer-Blindenfußball noch keinen offiziellen paralympischen Status hat, erhalten die Spielerinnen keine Fördergelder. Erst durch ein Crowdfunding konnte der WM-Start finanziert werden.

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Aktuell | 16.08.2023 | 20:00 Uhr

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