Gemeinde Sylt erlässt Verbot für den Bau neuer Ferienwohnungen

Stand: 17.03.2023 15:59 Uhr

Die Gemeindevertretung hat einstimmig ein Beherbergungskonzept für die Gemeinde Sylt beschlossen. Der Bau neuer Ferienwohnungen ist im zentralen Bereich der Nordsee-Insel damit nicht mehr möglich. Viele weitere Gemeinden könnten nachziehen.

von Simone Mischke, Peer-Axel Kroeske

Bereits am Montagabend hatte der Bauausschuss der Gemeinde Sylt parteiübergreifend und einstimmig empfohlen: Die Gemeindevertreter mögen das Beherbergungskonzept und die Umsetzungsstrategie beschließen. Damit kann der Bau neuer Ferienwohnungen nicht mehr genehmigt werden. Außerdem soll Dauerwohnraum für Insulaner festgeschrieben werden. Zudem hat der Kreis Nordfriesland angekündigt zu kontrollieren, ob Wohnraum auch so genutzt wird, wie es im Bebauungsplan angegeben ist. Eigentümer von Ferienwohnungen, die baurechtlich nicht genehmigt sind, werden nun aufgefordert, die Vermietung an Feriengäste einzustellen. Möglicherweise hat das auch Auswirkungen auf bestehende Ferienwohnungen.

Was passiert mit bestehenden Ferienwohnungen?

Bisher ist gar nicht im Detail dokumentiert, wie viele Ferienwohnungen es überhaupt in der Gemeinde Sylt gibt. Der Bestand soll erst noch erfasst und dokumentiert werden, so heißt es in der Umsetzungsstrategie, die am Donnerstag mit beschlossen wurde. Somit könnte in jedem einzelnen Fall unter die Lupe genommen werden, ob eine bestehende Ferienwohnung überhaupt zulässig ist. Diese Frage gilt als komplex. So wurde etwa erst 2017 feindifferenziert, was überhaupt als Ferienwohnung gilt. Diejenigen, die danach entstanden sind, könnten anders bewertet werden. "Daraus ergeben sich unterschiedliche Ausgangslagen zur Zulässigkeit von Ferienwohnungen," heißt es in der Strategie. Vom Sylt Marketing heißt es, man könne sich nicht vorstellen, dass viele Ferienwohnungen aufgegeben werden müssen. Falls doch, dann sei aber richtig Unruhe zu erwarten.

"Es ist zu vermeiden, dass durch den Wegfall von Ferienwohnungen Zweitwohnungen entstehen. Es ist zu prüfen, ob durch planerische oder sonstige Instrumente illegale Ferienwohnungen, die nicht mittels Änderung oder Neuaufstellung von Bebauungsplänen legalisiert werden können, für das Dauerwohnen gesichert werden können. Wirksame Instrumente sind konsequent anzuwenden." "Umsetzungsstrategie für das Beherbergungskonzept der Gemeinde Sylt in der Version vom 10.3.

Sylts Bürgermeister: "Wir brauchen Menschen vor Ort"

Mit dem Beherbergungskonzept soll die Gesamtzahl der Gästebetten auf den Ist-Zustand begrenzt werden. Der Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Nikolas Häckel (parteilos), betont das Ziel, die Ressourcen auf Sylt zu schützen und verträglichen Tourismus zu ermöglichen. Dem NDR Schleswig-Holstein-Magazin sagte er: "Dauerwohnen ist so wichtig, weil wir einfach Menschen hier vor Ort brauchen: In der Feuerwehr, in der Pflege, im Schichtdienst, die hier leben und arbeiten, damit wir eine lebendige Gesellschaft sind."

Auch Hotels dürfen nur noch gebaut werden, wenn sie ein Prüfraster durchlaufen haben und sie beispielsweise eine Nische abdecken, die auf Sylt noch nicht besetzt ist.

Regel gilt nicht in Hörnum, Kampen, Wenningstedt-Braderup und List

Die Entscheidung bedeutet nun für die Gemeinde Sylt einen großen Aufwand: Der Finanzausschuss hat bereits drei zusätzliche Stellen genehmigt. 122 Bebauungspläne müssen auf Änderungen untersucht werden und es müssen Gebiete überplant werden, für die es noch gar keinen Bebauungsplan gibt. Das kann nach Angaben von Bürgermeister Häckel bis zu fünf Jahre dauern. Das Beherbergungskonzept ist derzeit nur Thema in der Gemeinde Sylt, die den Zentralbereich der Insel umfasst - nicht in Hörnum, Kampen, Wenningstedt-Braderup und List.

Sylter Bürgernetzwerk "Merret reicht's": "Bahnbrechende Entscheidung"

Katrin Thies vom Sylter Bürgernetzwerk "Merret reicht's" wertet den einstimmigen Beschluss als historische, bahnbrechende Entscheidung, "weil es das erste Mal ist, dass sich die Insel Sylt - in diesem Fall die Gemeinde Sylt - dafür einsetzt, das touristische Wohnen zu begrenzen." Damit könne ein soziales und ökologisches Gleichgewicht wieder hergestellt werden. Ihre Mitstreiterin Susanne Matthiessen empfindet "ein Gefühl, als gewinne man die Kontrolle zurück."

Schon am Montag treffen sich alle Bürgermeister der Insel wieder

Das Netzwerk hofft, dass sich auch die übrigen Gemeinden der Insel dem Beherbergungskonzept anschließen - undd zumindest der Bürgermeister von List, Ronald Benck, versprach bereits, dass das Konzept bei der nächsten Bauausschusssitzung Ende März Thema sei. Das gelte auch für das turnusmäßige Treffen aller Insel-Bürgermeister am kommenden Montag.

Berater: Zu wenig Dauerwohnungen in der Gemeinde Sylt

Grundlage des Beherbungskonzepts ist eine von der Gemeinde Sylt in Auftrag gegebene Analyse der Lübecker Beratungsfirma Cima. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis: Das Verhältnis von Dauerwohnungen zu Ferienwohnungen ist in der Gemeinde Sylt längst gekippt. "Und zwar nach unseren Zahlen so deutlich wie sonst nirgends", so Projektleiter Uwe Mantik. 7.500 Ferienunterkünfte stünden 11.000 Dauerwohnungen gegenüber. "Das reicht nicht, um eine Infrastruktur aufrechtzuerhalten."

Auch andere Gemeinden wollen das Thema angehen

Was in der Gemeinde Sylt entschieden wird, beobachtet man auch andernorts in Schleswig-Holstein genau, zum Beispiel auf Föhr: "Wir haben das auf der Agenda, müssen uns dem auch stellen. Der Trend zur Ferienwohnungs-Nutzung ist auf allen Inseln zu beobachten. Spätestens in der zweiten Jahreshälfte werden wir das verstärkt angehen", sagt der Bürgermeister von Wyk auf Föhr, Hans-Ulrich Hess (CDU). Auf dem Festland, zum Beispiel in St. Peter-Ording, wird schon gehandelt: Geplante Neubaugebiete sind für Einheimische gedacht.

Fehmaraner Verwaltung: Ende der Fahnenstange erreicht

Auch an der Ostsee machen sich die Verantwortlichen Gedanken. Fehmarns Bürgermeister Jörg Weber sieht das Problem zwar auf Sylt "noch ein bisschen größer", aber auch auf Fehmarn sei man politisch und auf der Verwaltungsseite der Meinung, dass mit Ferienwohnungen das Ende der Fahnenstange erreicht sei. Eckernförde hat bereits im November vergangenen Jahres ein Beherbergungskonzept beschlossen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 17.03.2023 | 17:00 Uhr

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