Filmtipp: "Russland, Putin und wir Ostdeutsche"
Für Menschen, die in der DDR aufgewachsen sind, ist das Verhältnis zu Russland ein großes Thema. ARD-Journalistin Jessy Wellmer ist auf Reportagereise in Ostdeutschland gegangen. Ihr Film "Russland, Putin und wir Ostdeutsche" steht in der ARD Mediathek.
"Guten Morgen, liebe Mädchen und Jungen. Heute hat Hein Pöttgen eine große Reise vor", heißt es 1968 in der Kinderstunde im DDR-Fernsehen. Es soll zu Natascha in die Sowjetunion gehen. Wer damit aufgewachsen ist, hat ein tief verwurzeltes Verhältnis zu Russland - bis heute. "Du hast einfach eine andere Sozialisierung - und die kannst du nicht über den Haufen schmeißen", sagt die 80-jährige Irene Odzuck aus Güstrow im Gespräch mit Jessy Wellmer.
Die Journalistin und ARD-Sportschau-Moderatorin hat sich auf Spurensuche in ihre alte Heimat begeben. "Ich wurde 1979 in Güstrow in Mecklenburg geboren", erzählt Wellmer. "Viele eigene Erinnerungen an die DDR habe ich nicht mehr. Doch ich kenne noch die sowjetischen Heldengeschichten. Die Rolle der Roten Armee bei der Befreiung Deutschlands vom Nazi-Regime waren in der Schule ein Riesenthema."
25 Prozent im Osten fühlen eine größere Nähe zu Russland
Wie ist es um die Russland-Treue der Menschen im Gebiet der ehemaligen DDR bestellt und wie im Westen Deutschlands? "Wir haben gefragt: 25 Prozent im Osten fühlen eine größere Nähe zu Russland. Im Westen fühlen sich nur 7 Prozent eher zu Russland hingezogen, aber 42 Prozent zu den USA", erklärt Jessy Wellmer im Film.
Die größere Nähe zur russischen Kultur, zu Land und Leuten lässt sich aus der Sozialisation und der gemeinsamen Geschichte erklären. Doch die DDR existiert seit mittlerweile über 30 Jahren nicht mehr. "Es ist so, dass du das nicht einfach ablegen kannst wie einen alten Mantel, der dir nicht mehr passt", sagt Irene Odzuck.
Wellmers unprätentiöse Herangehensweise öffnet Herzen und Münder
Wellmers unprätentiöse Herangehensweise an das Thema hilft, öffnet Herzen und Münder. "Wenn es die Provokationen, diese massiven Provokationen seitens des Westens nicht gegeben hätte, würde es diesen Krieg nicht geben", meint etwa einer der Gesprächspartner Wellmers. Die Reise der Journalistin führt über Güstrow nach Weimar oder Lubmin, immer auf der Spur von Stimmungen und Differenzen, von Meinungen und Kritik. "Die Ostdeutschen, die Bürger, glauben manchmal nicht mehr das, was in den Medien gebracht wird. Ich habe auch meine Probleme", so eine der Stimmen in der Dokumentation.
Spannende Auseinandersetzung mit dem Thema
Diese Story im Ersten ist eine spannende, weil sehr direkte Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zwischen Ostdeutschen und Russen - und sollten nach dieser Reportage noch Fragen offen sein: Im Anschluss an den Film wird am 24. Oktober das Thema in "Hart aber Fair" diskutiert, unter anderem mit Jessy Wellmer als Gast im Studio.