Liebe Leserinnen und Leser,
die Debatte über X (ehemals Twitter) bewegt derzeit die Medienwelt: Sollten Politiker, Journalisten und Wissenschaftler der Plattform treu bleiben oder sie verlassen? Während sich namhafte Institutionen wie der "Guardian" und deutsche Fußballclubs wie der FC St. Pauli und Werder Bremen bereits zurückgezogen haben, wagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck den Wiedereinstieg.
Der "Guardian" begründet seinen Rückzug mit der toxischen Entwicklung der Plattform unter Elon Musk und dessen wachsendem Einfluss auf den politischen Diskurs. Habeck hingegen will das Feld nicht den "Schreihälsen" überlassen, wie er in seinem ersten Post nach der Rückkehr betonte. Doch was ist der richtige Weg? ZAPP hat bei Experten nachgefragt:
Die Journalistin Nicole Diekmann sieht Habecks Entscheidung pragmatisch: "Er wäre ein Narr, würde er auf die kolossale Reichweite von X verzichten. (...) Leute wie Elon Musk und Mark Zuckerberg sind übermächtig. Selbst aufrechte Demokraten müssen ihr Spiel mitspielen – im Kampf um Wählerstimmen."
Für die freie Journalistin Gilda Sahebi ist es ein Zwiespalt: "Ich bin noch auf X aktiv, weil es als freie Journalistin schwer bis unmöglich ist, eine über Jahre erarbeitete Sichtbarkeit ohne Alternative aufzugeben. Ich wünsche mir diese Alternative aber jeden Tag herbei." Politikwissenschaftler Carlo Masala unterstreicht die Bedeutung der Plattform: "X ist noch immer die Hauptinformationsquelle für Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die meisten Journalisten und ausländischen Journalisten, die meisten Zeitungen und Zeitschriften sind dort aktiv und sehr, sehr viele kluge Analysten."
Einen Gegenpol bildet der SPIEGEL-Kolumnist Christian Stöcker. Er sieht keinen triftigen Grund, weshalb kluge Köpfe auf "dieser kommerziellen, klar politisch beeinflussten, von Desinformation durchsetzten, von der EU als problematisch eingestuften Plattform" bleiben sollten. Seine Vision: "Wenn diese zusammengenommen vermutlich weniger als tausend Accounts ihre Aktivitäten konzertiert verlagern würden, zögen zwangsläufig auch Journalismus und angrenzende Gebiete mit um."
Auch in der ZAPP-Redaktion ist diese Frage Gegenstand kontinuierlicher Diskussionen. Weitere Perspektiven und eine ausführliche Analyse finden Sie in unserem
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Rundfunkbeitrag: Öffentlich-Rechtliche ziehen vors Bundesverfassungsgericht
ARD und ZDF haben Verfassungsklage eingereicht. Grund ist die stockende politische Entscheidung über die von der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs) empfohlene Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Zwar einigten sich die Ministerpräsidenten im Oktober auf einen Reformstaatsvertrag, die Finanzierungsfrage blieb jedoch ungeklärt. Konkret geht es um eine Erhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich ab 2025 – eine Anpassung unterhalb der Inflationsrate.
"Dieser Schritt fällt uns schwer, aber wir können eine Verletzung des Verfahrens nicht hinnehmen", erklärt der ARD-Vorsitzender Kai Gniffke und betont: "Recht und Gesetzestreue kennen nun mal keine Kompromisse."
Die Situation erinnert an 2020, als Sachsen-Anhalt die damalige Beitragserhöhung blockierte und Karlsruhe den Sendern Recht gab. Die aktuelle Klage stößt bei den Ländern auf Kritik: Bayerns Medienminister Florian Herrmann (CSU) bezeichnet sie als "unfreundlichen Akt". Sein nordrhein-westfälischer Kollege Nathanael Liminski (CDU) warnt vor wachsendem Antagonismus gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Medienrechtsprofessor Wolfgang Schulz schätzt die Erfolgsaussichten der Klage als hoch ein. Weitere Einschätzungen von Politikern und ZDF-Intendant Norbert Himmler finden Sie in unserem
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