Liebe Leserinnen und Leser,
seit seinem Amtsantritt vergeht kaum ein Tag, an dem US-Präsident Donald Trump nicht mit weitreichenden Entscheidungen oder fragwürdigen Äußerungen die Schlagzeilen bestimmt. Die rasanten Veränderungen, die mit seiner Politik einhergehen, spiegeln sich auch in der Medienpolitik wider.
Die Washington-Post - Unabhängigkeit vor dem Aus?
So kündigte Jeff Bezos, Eigentümer der Washington Post, vergangene Woche an, inhaltliche Änderungen auf den Meinungsseiten des renommierten Mediums vornehmen zu wollen. Die Artikel sollen künftig “persönliche Freiheiten und freie Märkte” verteidigen. Zwar versicherte der Herausgeber und CEO, William Lewis, es ginge nicht darum, sich auf die Seite einer politischen Partei stellen zu wollen. Doch der Schritt wird von Beobachtern und NGOs wie “Reporter ohne Grenzen” als Anbiederung an Präsident Donald Trump gewertet: “Dahinter stecken schlicht und einfach Geschäftsinteressen, die mit der Trump-Regierung verknüpft sind. Bezos missbraucht damit die Washington Post als politisches Werkzeug, das seinen kommerziellen Interessen dienen soll.” Journalisten und Leser sind empört, Meinungs-Ressortleiter David Shipley reichte nach der Ansage von Bezos seine Kündigung ein.
“The Post can do better”, meint Journalistin Kara Swisher und sucht nun wohlhabende Investoren in der Hoffnung, Bezos die Zeitung abkaufen zu können. Die Tech-Journalistin, deren Karriere bei der “Post” begann, spekuliert, dass aktuelle Schwierigkeiten im Management Bezos zum Kauf bewegen könnten. Bislang gibt es dafür aber keine Hinweise. Bereits in den vergangen Monaten machte die Washington Post mit einigen fragwürdigen Meldungen auf sich aufmerksam: Erst wurde im US-Wahlkampf auf Weisung von Bezos auf die traditionelle Wahlempfehlung verzichtet, später kündigte die Karikaturistin und Pulitzer-Preisträgerin Ann Telnaes, nachdem ihre kritischen Zeichnungen nicht veröffentlicht wurden. Mehr Infos
hier.
Änderungen auf den Meinungsseiten soll es auch bei der L.A. Times geben. Das kündigte Milliardär und L.A.- Times-Besitzer Patrick Soon-Shiong an. So sollen künftig bei einigen Artikeln mittels eines neuen KI-Tools generierte Bewertungen, sowie Listen mit “alternativen politischen Ansichten” angeboten werden. Dabei soll die KI unabhängig von den Journalisten der Zeitung arbeiten und der Inhalt vor der Veröffentlichung nicht geprüft werden,
erklärte die Zeitung. Was für Auswirkungen der Einsatz solcher Tools haben kann, zeigt sich beispielsweise daran, dass 24 Stunden nach deren Einführung unter einem Artikel eine “andere Meinung” generiert wurde, in der Taten des Ku Klux Klans relativiert worden sein sollen. Der Betreiber soll davon nach eigenen Angaben erst Stunden später erfahren haben. Mehr Infos dazu beim
Guardian und
CNN.
Unverpixelte Bilder nach Amokfahrt gehen viral - Warum geht niemand dagegen vor?
Nach der Amokfahrt in Mannheim, bei der ein 40-jähriger Deutscher zwei Menschen tötete und 14 weitere verletzte, wurden nur wenige Minuten nach der Tat vor allem auf X grausame Bilder etwa von abgetrennten Gliedmaßen geteilt und hunderttausendfach angezeigt - alles unverpixelt. Auch Tage später waren viele Postings noch online.
Laut X-Richtlinien ist das Posten solcher Bilder grundsätzlich erlaubt: “Du darfst grafische Medien weitergeben, wenn sie ordnungsgemäß gekennzeichnet sind, nicht an prominenter Stelle ausgestellt werden und nicht übermäßig blutig sind oder sexuelle Gewalt darstellen.” Die in Deutschland für X zuständige Bayerische Landesmedienanstalt (BLM) kritisiert: “X legt also in seinen eigenen Hausregeln fest, dass z.B. Videos, die Gewalttaten und Tötungen zeigen, geteilt werden dürfen, wenn sie gekennzeichnet sind, obwohl sie jugendgefährdend sind.”
Dabei dürften diese Bilder viele Jugendliche direkt auf ihren Smartphones erreichen: Der
JIM-Studie 2024 zufolge nutzt etwa jeder Zehnte 12-19-Jährige täglich oder mehrmals die Woche X. Die BLM teilt mit: selbst wenn Bilder gegen Jugendschutz verstoßen sollten, kann nur gegen Inhalte von Plattformen mit Sitz in Deutschland vorgegangen werden. Der BLM sind also die Hände gebunden, X werde rechtlich nicht für die womöglich verstörenden Inhalte verantwortlich gemacht werden können.
Dr. Marc Jan Eumann, Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz, betont gegenüber ZAPP: “Wer möchte, kann Kinder und Jugendliche in sozialen Netzwerken vor Gewalt, Pornografie oder Hass schützen. Wer das wie X nicht möchte, ignoriert deutsche aber auch europäische Gesetzgebung immer wieder konsequent. (...) Aktuell laufen Kinder und Jugendliche bei X Gefahr, Inhalte zu sehen, die ihnen Schaden zufügen können. Das ist inakzeptabel, da längst technische Möglichkeiten existieren, sie mittels Altersverifikation besser zu schützen.”
Neue Studie analysiert Parteizugehörigkeit in Aufsichtsgremien
Eine aktuelle Studie der gewerkschaftsnahen
Otto-Brenner-Stiftung hat untersucht, wie viele Mitglieder der Rundfunk- und Verwaltungsräte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine Parteizugehörigkeit besitzen. Das Ergebnis: Alleine in den Rundfunkräten von ARD, ZDF und Deutschlandradio besitzen 41 Prozent der Mitglieder ein Parteibuch. Noch deutlicher zeigt sich die Nähe zu Parteien bei den Verwaltungsräten, welche die Geschäftsführung und die Finanzen beim ÖRR kontrollieren: Hier haben über die Hälfte der Mitglieder eine Parteizugehörigkeit.
Der Anteil von Parteimitgliedern in den Gremien ist weitaus höher als in der Gesamtbevölkerung, wo er etwa 1-2 Prozent ausmacht. Dabei sollen die Rundfunkräte in ihrer Zusammensetzung die Gesellschaft abbilden: Sie setzen sich aus Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen, wie Gewerkschaften, Kirchen und Verbänden zusammen. Es sitzen zudem ohnehin bereits auch einige Berufspolitiker in den Aufsichtgremien. Aufgabe der Gremien ist die Beobachtung des Programms und die Vertretung der Interessen aus den Sendegebieten. Daneben wählen sie aber auch die Intendantinnen und Intendanten der Häuser.
Ob die Ergebnisse der Studie auch bedeuten, dass Entscheidungen in den Gremien nah an den jeweiligen Parteilinien getroffen werden, untersucht die Studie nicht. Jedoch zeigt sie, dass die Gremien keinen Spiegel der Gesellschaft darstellen, die sie eigentlich repräsentieren sollten. Neben der Parteizugehörigkeit zeigt sich das auch daran, dass weiterhin wenig jüngere oder Menschen mit Migrationsgeschichte in die Räte entsendet werden. Das kritisierten u.a. die
Neuen deutschen Medienmacher*innen.
“Das ist kein Journalismus” - Millie Bobby Brown kritisiert Medien
Die US-Schauspielerin Millie Bobby Brown ist den meisten aus der Serie “Stranger Things” bekannt, in der sie bereits als 12-jähriges Mädchen mitspielte. Dieser Tage wird die heute 21-Jährige immer häufiger mit Schlagzeilen über ihr Aussehen konfrontiert. Sie lauten etwa:
“Why are Gen Zers like Millie Bobby Brown ageing so badly?” oder
“Millie Bobby Brown mistaken for 'someone's mom'...” Das sei kein Journalismus, sondern Mobbing, kritisierte Brown diese Woche in einem emotionalen Video auf
Instagram.
Auch zum Aussehen und Alter vieler anderer prominenter Frauen gab es zuletzt mal wieder ziemlich viele Boulevard-Schlagzeilen. Aber warum müssen wir eigentlich immer wieder die Körper und das Alter von Frauen bewerten? ZAPP-Host Kathrin Drehkopf kommentiert, wie in den Medien über das Altern von Frauen gesprochen wird und warum sie diese ständige Bewertung kritisch sieht. Das ganze Video finden Sie
hier.
Wir hören uns nächste Woche wieder. Bleiben Sie kritisch!
Ihre ZAPP-Redaktion