Liebe Leserinnen und Leser,
kennen (oder nutzen Sie vielleicht sogar) den Kurznachrichtendienst Bluesky? Die Plattform wurde von Twitter-Gründer Jack Dorsey ins Leben gerufen und erlebt seit den Wahlen in den USA großen Zuwachs. Sie ähnelt in ihren Funktionen der Plattform X (ehemals Twitter), die bekanntlich dem Multimilliardär, Internet-Troll und zukünftigen Berater der US-Regierung Elon Musk gehört. Dies dürfte für viele Nutzerinnen und Nutzer der ausschlaggebende Grund sein, von X zu Bluesky zu wechseln. Denn das Diskussionsklima auf X hat sich unter Musk spürbar verschlechtert (wir berichteten
hier ausführlich darüber).
Zwar verlassen wir X vorerst nicht, haben uns nun aber entschlossen, ebenfalls den Schritt in den „blauen Himmel“ zu wagen. Auf unserem neuen Bluesky-Account
@zapp.ndr.de finden Sie die gewohnte Mischung aus unseren Recherchen, Medienkritik und sonstigen Neuigkeiten aus unserer Redaktion. Unser erster Eindruck: Wir haben in wenigen Tagen nicht nur viele freundliche Kommentare, sondern auch ein paar ziemlich gehaltvolle Diskussionsbeiträge unter unseren Posts gelesen. Schauen Sie doch mal vorbei.
Berichterstattung über Syrien
Das Assad-Regime ist gefallen, das Medieninteresse an Syrien war lange nicht mehr so groß. Doch die deutsche Berichterstattung bleibt oft oberflächlich, findet unser Autor Raja Khadour, der als Syrer in Deutschland lebt. In seinem ersten Kommentar für ZAPP (
hier) merkt er an, dass syrische Expertinnen und Experten oder Betroffene zu selten zu Wort kämen. Das würde dem deutschen Publikum helfen, die Komplexität des Landes und die Perspektiven der syrischen Bevölkerung besser zu verstehen.
Empörung geht viral
Was viele Social-Media-Nutzer und -Nutzerinnen wohl aus eigener Erfahrung kennen, belegt jetzt eine großangelegte Studie aus den USA, erschienen in der renommierten Fachzeitschrift „Science“: Falschmeldungen in sozialen Medien erzeugen vor allem Empörung – und die sorgt dafür, dass solche Inhalte viral gehen. Die Studie untersucht den Zusammenhang zwischen „Misinformation“, also falscher und irreführender Information, und moralischer Empörung. Darunter versteht das Forschungsteam eine Mischung aus Wut und Ekel, ausgelöst durch eine wahrgenommene moralische Grenzüberschreitung.
Die Forscherinnen und Forscher zeigen anhand von Twitter- und Facebook-Daten sowie Laborexperimenten, wie Falschinformationen die Emotionen der User ausnutzen. Sie stellen fest: Social-Media-User teilen empörende Misinformation oft, ohne sie vorher zu lesen. Denn Empörung sorgt dafür, dass sie Inhalte teilen, um Loyalität zu einer Gruppe zu zeigen oder sich moralisch zu verorten – und sich wenig für die Genauigkeit des Inhalts interessieren. Das ist eine ernüchternde Erkenntnis für alle Faktenfüchse: Die Studie deutet darauf hin, dass Faktenchecks oder Ermahnungen an Nutzerinnen und Nutzer, vor dem Teilen auf die Richtigkeit zu achten, nicht wirksam genug sind, um virale Gerüchte oder Fakes einzudämmen. „In diesem Informationsumfeld sind Ihren Gefühlen die Fakten egal“, sagte Molly Crockett, Psychologieprofessorin in Princeton und Mitautorin der Studie zugespitzt im Interview mit der Washington Post. Unsere Übersicht über die Ergebnisse der Studie finden Sie
hier.
Rundfunkbeitragserhöhung fällt (vorerst) aus
Am Donnerstag konferierten die Ministerpräsidenten der Länder in Berlin und kamen zum Ergebnis: Der Rundfunkbeitrag steigt nicht. So oder so ähnlich lauteten die Meldungen im Anschluss an die Pressekonferenz. Unser Reporter Hans Jakob Rausch war vor Ort und
ordnet ein: Ganz so einfach ist das nicht. Denn die Ministerpräsidenten können die Höhe des Beitrags nicht festlegen. Wie hoch der ausfällt, empfiehlt bekanntlich die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Die Länder können davon nur in Ausnahmen abweichen, denen laut Bundesverfassungsgericht sehr enge sozialpolitische Grenzen gesetzt sind. Die Hürden dafür sind so hoch, dass Abweichungen von der KEF-Empfehlung bislang noch nie Bestand hatten.
Die Sender wollen entsprechend vor dem Bundesverfassungsgericht klagen und die Länder wollen, dass die Sender die Klage fallen lassen. Ob es so weit kommt, und der Beitrag am Ende tatsächlich nicht steigen wird, ist derzeit aber völlig unklar. Wie schon 2021 könnte es auch in dieser Runde wieder passieren, dass das Bundesverfassungsgericht über die Erhöhung um 58 Cent entscheiden wird. Wir haben zu dem Streit um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dessen Reform und Finanzierung in den letzten Monaten recherchiert und werden morgen einen neuen Film dazu veröffentlichen. Wie gewohnt werden Sie diesen in der Mediathek und auf unserem
YouTube-Kanal zu sehen bekommen.
Das war der letzte ZAPP-Newsletter für 2024. Wir wünschen Ihnen erholsame Feiertage, kommen Sie gut ins neue Jahr!
Ihre ZAPP-Redaktion