"Unter Nackten": Ausstellung in Hannover beschäftigt sich mit FKK
Die Freikörperkultur begann Ende des 19. Jahrhunderts als Gegenbewegung zum tristen, oft ungesunden Leben in den gerade industrialisierten Städten. Das Museum Schloss Herrenhausen in Hannover zeigt die Bewegung nun in der Schau "Unter Nackten" in ihren verschiedenen Facetten.
Die Industrialisierung treibt die Menschen Ende des 19. Jahrhunderts in die Städte. Auch in Hannover und anderen norddeutschen Städten entstehen neue Fabriken. ihre Arbeiter hausen in tristen Wohnungen. Im Eingangsbereich der Ausstellung zeigt ein großes Schwarz-Weiß-Foto den Blick in eine düstere, enge Straße. Die hohen Fassaden der Mietskasernen lassen wenig Luft und Licht durch.
Den Körper von den alltäglichen Zwängen befreien
Die Freikörperkultur ist da eine Gegenbewegung, sagt Ausstellungskuratorin Cornelia Regin vom Museum Schloss Herrenhausen: "Die Lebensbedingungen der Leute veränderten sich dramatisch. Dieses Großstadtleben hatte nicht immer gute Folgen für die Gesundheit der Leute. Die Menschen haben Alternativen zum großstädtischen Alltag gesucht. Dazu gehörte, den Körper von den alltäglichen Zwängen ein Stück weit zu befreien und eine gesunde Freizeitgestaltung zu suchen."
Viele Fotos, Abbildungen, Filme und etliche Exponate zeichnen die FKK-Geschichte nach. Adam und Eva sind zu sehen, daneben steht die Plastik eines Jungen-Torsos aus der Antike. Ein schwarzes, hochgeschlossenes Kleid der Kaiserzeit neben einem locker fallenden Kleid der 1920er-Jahre erinnert daran, wie sich die Körper aus einzwängender Mode befreiten.
Von links bis rechts: Politik mit FKK
Die heroische Darstellung eines nackten Paares zeigt, wie die Nationalsozialisten versuchten, den neuen Trend für sich zu nutzen. Denn auch unterschiedliche politische Akteure nutzten die Freikörperkultur für ihre Zwecke, sagt die Historikerin Annika Wellmann: "Das war zumindest in den 20er-Jahren in Hannover schon sehr divers. Zum einen gab es im linken Arbeitermilieu Vereine, denen es darum ging, durch Freikörperkultur zur Gesundung der Arbeiterklasse beizutragen. Auf der anderen Seite ging es bis zum rechten, völkischen Spektrum, wo es um Gesundung des Volkskörpers ging - also um eine rechte Ideologie, auch um Eugenik und Antisemitismus."
Für die Ausstellung hat Wellmann in einer der umfangreichsten Sammlungen zur Geschichte der internationalen Freikörperkultur geforscht. Sie befindet sich im Niedersächsischen Institut für Sportgeschichte e.V., das sich 2011 über einen umfangreichen Nachlass aus Privatbesitz freuen konnte. Rund 100 Jahre alt etwa ist die Zeichnung einer Lufthütte aus einem Lexikon der Gesundheitspflege. Sie zeigt, wie es sich 1911 nackt im Freien lebte. Empfinden lässt sich das anhand eines Nachbaus in der Ausstellung: Ein paar Stufen hinauf, dann steht man in einem schlichten, hölzernen Hütten-Raum, der nach vorn und oben offen ist.
Lufthütten: Wellness-Trend um 1900
"Lufthütten standen gewöhnlich in Naturheil-Sanatorien, in denen die kranken oder nach Erholung strebenden Städter eine Kur absolvieren konnten", erklärt Kuratorin Regin. "Zu diesen Kuren gehörte gewöhnlich, dass man sich in einer solchen Hütte aufhielt, also nicht in festen Räumen, sondern halb im Freien. Und es gab Sanatorien, da waren die Leute nackt."
Facettenreich und historisch fundiert wird im Museum Schloss Herrenhausen die Geschichte der Freikörperkultur zwischen 1890 und 1970 erzählt. Die einzelnen Kapitel sind ansprechend durch dünne weiße Vorhänge getrennt, die auch den offenen und versteckten Umgang mit Körpern spiegeln. Den Kreis schließt die Bilder-Serie der Fotografin Julia Gaes aus Hamburg übers Nacktwandern von 2014. Das letzte Foto zeigt zwei Endfünfziger mit Brust- und Bauchnabel-Piercing nackt hinter Palmen im Gewächshaus - Adam und Eva gleich.
"Unter Nackten": Ausstellung in Hannover beschäftigt sich mit FKK
Die Ausstellung im Museum Schloss Herrenhausen erzählt die Geschichte der Freikörperkultur von 1890 bis 1970.
- Art:
- Ausstellung
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Museum Schloss Herrenhausen
Herrenhäuser Straße 5
30419 Hannover - Telefon:
- +49 511 168 44543
- Öffnungszeiten:
- Montag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr