Prädiabetes: Wie gefährlich sind erhöhte Blutzuckerwerte?
Prädiabetes ist eine Vorstufe der Zuckerkrankheit: Betroffene haben auffällige Zuckerwerte und sonst meist keine Symptome. Je nach Untertyp drohen aber schon in diesem Stadium ernste gesundheitliche Folgen.
Rund 10 Prozent der Erwachsenen in Deutschland leiden an Diabetes Typ 2, weitere 20 Prozent haben nach Angaben des RKI eine Vorstufe davon: den sogenannten Prädiabetes. Erhöhte Blutzuckerwerte sind ein Massenphänomen. Doch die meisten Menschen ahnen nichts von ihrem Risiko, denn es gibt keine spürbaren Anzeichen - Prädiabetes macht sich im Alltag nicht bemerkbar. Er wird daher häufig erst bei einer Blutuntersuchung im Routine-Check entdeckt. Doch was bedeutet das, wenn es nach der Laborkontrolle heißt: "Ihr Zucker ist grenzwertig"?
Diagnose des Prädiabetes: Grenzwerte für Blutzucker
Zwischen den normalen Blutzuckerwerten und dem Wert, ab dem ein Diabetes diagnostiziert wird, liegt ein Graubereich. Messbar sind drei verschiedene Blutwerteaus dem Zuckerstoffwechsel - befindet sich auch nur ein einzelner dieser Zuckerwerte im erhöhten Bereich, liegt bereits Prädiabetes vor:
Nüchternblutzucker (nach Definition der American Diabetes Association - ADA)
- normal: unter 100 mg/dl (unter 5,6 mmol/l)
- Prädiabetes: 100-125 mg/dl (5,6-6,9 mmol/l)
- Diabetes: ab 126 mg/dl (ab 7 mmol/l)
Glukosetoleranzwert nach Trinken einer standardisierten Zuckerlösung
- normal: unter 140 mg/dl (unter 7,8 mmol/l)
- Prädiabetes: 140-199 mg/dl (7,8-11,0 mmol/l)
- Diabetes: ab 200 mg/dl (ab 11,1 mmol/l)
Langzeitblutzucker (HbA1c)
- Prädiabetes: 5,7-6,4 % (39-47 mmol/mol)
- Diabetes: ab 6,5 % (48 mmol/mol)
Welches Risiko droht mit Prädiabetes?
Einerseits geht ein Prädiabetes nicht zwangsläufig über in eine Zuckerkrankheit mit all ihren schädlichen Folgen für Blutgefäße, Leber, Herz und Augen. Andererseits zeigen aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung, dass die gesundheitlichen Auswirkungen der Diabetes-Vorstufe bislang deutlich unterschätzt wurden. Denn teilweise kann es schon in diesem Stadium zu schweren Komplikationen im Bereich von Herz-Kreislauf-System und Nieren kommen, die die Lebenserwartung deutlich verschlechtern. Wie eine Langzeit-Studie darlegt, ist die Prognose abhängig vom Prädiabetes-Subtypus.
Drei Hochrisiko-Typen bei Prädiabetes
Forschende haben anhand der begleitenden Faktoren - wie familiärer Vorbelastung, Gewicht, Bauchfett-Anteil, Leberfett, Blutfettwerte, Insulinproduktion und Insulinwirkung - sechs Unterformen des Prädiabetes definiert. Deren Risiko unterscheidet sich deutlich. Drei Subtypen sind besonders gefährdet:
Prädiabetes-Typ 3:
Kennzeichen: hohe familiäre Vorbelastung, bauchbetontes Übergewicht, niedrige Insulinausschüttung (feststellbar durch C-Peptid-Test beim Hausarzt).
Risiko: Menschen mit diesem Prädiabetes-Subtypus entwickeln oft binnen kurzer Zeit Diabetes und Herz-Kreislauf-Schäden. Auch ihr Risiko für Nierenschäden ist etwas erhöht.
Prädiabetes-Typ 5:
Kennzeichen: Adipositas, Fettleber (tastbar oder feststellbar durch Ultraschall), Insulinresistenz.
Risiko: Menschen vom Typ 5 tragen ein hohes Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Schäden sowie zusätzlich für Nierenschäden. Ihre Lebenserwartung ist dadurch deutlich geringer.
Prädiabetes-Typ 6:
Kennzeichen: bauchbetontes Übergewicht und Fetteinlagerungen in den Nieren (feststellbar durch Ultraschall oder MRT).
Risiko: Bei Menschen vom Subtypus 6 werden die Nieren schon im Stadium des Prädiabetes stark geschädigt. Das erhöht ihr Sterberisiko massiv, auch wenn ihr Risiko für Diabetes relativ moderat ist.
Gemeinsamkeit aller drei Hochrisiko-Typen ist Übergewicht mit Fettansammlungen im Bauchraum und/oder an den Organen. Die weniger gefährdeten Prädiabetes-Subtypen (1, 2 und 4) sind schlank oder haben zwar Übergewicht, aber mit anderer Fettverteilung.
Prädiabetes bei richtiger Behandlung reversibel
Die gute Nachricht für Prädiabetes-Betroffene: Oft reichen fünf bis zehn Prozent Gewichtsabnahme, um den Zuckerstoffwechsel deutlich zu verbessern und aus der Gefahrenzone herauszukommen. Erreichen lässt sich das durch konsequente Änderungen am Lebensstil, insbesondere eine passende Ernährung (mit weniger Kohlenhydraten und langen Essenspausen oder Intervallfasten) und gesteigerte Alltagsbewegung: zu Fuß gehen, Radfahren, Treppen steigen. Denn schon zu Beginn des Gewichtsverlusts baut der Körper bereits Fett in Leber und Muskeln ab, sodass das Insulin aus der Bauchspeicheldrüse wieder besser wirken und den Blutzuckerspiegel senken kann.
Die ersten Ergebnisse der groß angelegten PLIS-Studie des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung weisen dabei darauf hin, dass gerade das Bewegungspensum deutlich gesteigert werden sollte und dass intensives Einzelcoaching über ein Jahr Betroffenen effektiv hilft, ihren Lebensstil gesundheitswirksam zu ändern.
Wichtig: Früherkennung bei Risikotypen
Um mit Lebensstiländerungen rechtzeitig gegensteuern zu können, sind Angebote zur Früherkennung enorm wichtig. Denn wie die Forschung zeigt, geht schon Prädiabetes teils mit erhöhter Krankheitslast und erhöhtem Sterberisiko einher. Ihre Zuckerwerte testen lassen sollten vor allem Menschen mit bauchbetontem Übergewicht, erst recht bei zusätzlichen Risikofaktoren wie Verwandten ersten Grades mit Diabetes. Auch Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Frauen, bei denen ein Schwangerschaftsdiabetes diagnostiziert wurde, sollten ihre Zuckerwerte gut im Blick behalten.
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