Umfrage: Mehrheit würde AfD-Landesregierung ablehnen

Stand: 30.09.2024 10:00 Uhr

Viele #NDRfragt-Teilnehmer blicken mit Sorge auf die Ergebnisse im Osten. Eine Regierungsbeteiligung der AfD sehen die meisten kritisch. Auch gegenüber dem BSW herrscht Skepsis, wenn auch weniger stark.

von Patrick Reichelt, Bastian Kießling

In Brandenburg, Thüringen und Sachsen wurde gewählt - und sowohl die AfD als auch das BSW konnten gute Ergebnisse erzielen. Wie blicken Menschen in Norddeutschland auf den Wahlausgang? Bei den meisten ist Sorge das vorherrschende Gefühl, zwei Drittel sehen in den Wahlergebnissen einen Trend für ganz Deutschland. Eine Beteiligung der AfD an der Regierung ihres Bundeslandes würde eine deutliche Mehrheit ablehnen. Das geht aus der jüngsten #NDRfragt-Umfrage mit fast 20.000 Teilnehmern aus Norddeutschland hervor.

Alle Ergebnisse dieser nicht repräsentativen, aber gewichteten Umfrage gibt es als PDF zum Herunterladen.

Mehrheit würde AfD-Landesregierung ablehnen

Mehr als drei Viertel der Befragten in den westlichen Bundesländern fänden es schlecht, wenn die AfD in ihrem Bundesland an der Regierung beteiligt wäre. 14 Prozent fänden dies gut. Anders sieht es in Mecklenburg-Vorpommern aus: 28 Prozent der Befragten dort stehen einer AfD-Regierungsbeteiligung positiv gegenüber. Auch hier lehnt die Mehrheit dies aber ab.

Darunter ist auch #NDRfragt-Teilnehmerin Imke aus Schwerin. Eine AfD-Landesregierung wäre für die 48-Jährige eine Katastrophe, weil "unser friedliches Zusammenleben, die Natur und die Wirtschaft" leiden würden. "Es gäbe wohl kaum noch eine friedliche Streit- oder Diskussionskultur, in der ich meine eigene Meinung argumentativ vertreten kann, ohne Sorge vor rassistischen oder gewalttätigen Anfeindungen zu haben." Sie würde sogar darüber nachdenken, den Wohnort zu wechseln.

Bei der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gehen die Meinungen weiter auseinander, aber auch hier wären die meisten Teilnehmer gegen eine Regierungsbeteiligung. 21 Prozent würden es weder gut noch schlecht finden. In Mecklenburg-Vorpommern könnten sich deutlich mehr Befragte (31 Prozent) das BSW in Regierungsverantwortung vorstellen als in den westlichen Bundesländern (12 Prozent).

Sind Unvereinbarkeitsbeschlüsse sinnvoll?

In Sachsen und Thüringen hat die CDU das BSW zu Koalitionsgesprächen eingeladen - in Brandenburg will sich die SPD ebenfalls mit dem BSW treffen. Eine Zusammenarbeit mit AfD oder Linken schließt die CDU mit einem sogenannten Unvereinbarkeitsbeschluss generell aus. Sollten Parteien bereits im Vorfeld eine Koalition mit anderen Parteien ausschließen?

Diese Frage teilt die #NDRfragt-Gemeinschaft in zwei Lager: Die eine Hälfte (48 Prozent) plädiert für Unvereinbarkeitsbeschlüsse bei bestimmten Parteien. Knapp die andere Hälfte (44 Prozent) wünscht sich, dass Parteien nach Wahlen ergebnisoffen entscheiden, mit wem sie verhandeln und mit wem nicht.

Diese Teilung zeigt sich auch in den vielen Kommentaren der #NDRfragt-Teilnehmer. Christian (39) aus Niedersachsen findet, dass man eine demokratisch gewählte Partei wie die AfD nicht einfach ignorieren könne. "Dann ignoriert man auch 30 Prozent der Wähler und verärgert diese noch mehr." Anja (48) aus Hamburg fordert mehr Differenzierung bei der Frage: "Parteien sollten nur mit extremen oder verfassungsfeindlichen Parteien die Zusammenarbeit ausschließen." Demokratische Parteien müssten gerade jetzt zusammenhalten.

Mehrheit sieht Stärkung der AfD durch Art der Berichterstattung

Kritik gibt es von vielen Befragten am Umgang der klassischen Medien mit der AfD. Fast sechs von zehn Befragten stimmen der Aussage zu, dass die AfD durch die Art der Berichterstattung in den etablierten Medien gestärkt wurde. Wie aber umgehen mit der Partei? Eine Mehrheit von 61 Prozent plädiert für eine kritischere Berichterstattung über die AfD. Fast die Hälfte aller Befragten fordert sogar eine klare Haltung der Medien gegen die AfD.

#NDRfragt-Miglied Frauke (58) aus Schleswig-Holstein findet, dass der Hetze der AfD in vielen Talkshows "massenhaft Raum gegeben" wurde. Dadurch seien deren Positionen über Jahre normalisiert und legitimiert worden. Ganz anderer Meinung ist Astrid (56) aus Hamburg: "In den öffentlichen Medien gibt es keinen offenen Diskurs, sondern eine links-grüne Einheitsmeinung." Das sorge für Frust.

Wunsch nach mehr Zusammenhalt

Eins wird mit Blick auf die vielen Kommentare der Teilnehmer deutlich: der Wunsch nach mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft. #NDRfragt-Mitglied Dana (29) aus Schleswig-Holstein bringt das Thema Volksentscheid ein: "Mehr Bürgerbeteiligung könnte den Bürgern wieder das Gefühl geben, etwas mitbestimmen zu können." Daniel (35) aus Hamburg fordert eine spürbar bessere Sozialpolitik, um der AfD den Nährboden zu entziehen. Thies (44) aus Mecklenburg-Vorpommern blickt auf das Umland: "Für einen besseren Zusammenhalt in Deutschland müssen besonders ländliche Gegenden besser entwickelt werden."

Über diese Befragung

Die Antworten stammen aus der Umfrage "Wahlen im Osten: Was folgt daraus?", an der sich 19.904 Norddeutsche beteiligt haben.

Für die Ergebnisse wurden Antworten ausgewertet, die vom 23. bis 27. September 2024 um 9 Uhr abgegeben wurden. An den Umfragen von #NDRfragt nehmen Menschen aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen teil. Die Umfragen werden online ausgefüllt.

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings nach den statistischen Merkmalen Alter, Geschlecht, Bundesland und Schulabschluss gewichtet. Das heißt: Antworten von Bevölkerungsgruppen, die unter den Befragten seltener vertreten sind als in der norddeutschen Bevölkerung, fließen stärker gewichtet in die Umfrage-Ergebnisse ein. Und die Antworten von in der Befragung überrepräsentierten Gruppen werden schwächer gewichtet. Insgesamt verteilen sich die Antworten dann am Ende eher so, wie es der tatsächlichen Verteilung der Bevölkerungsgruppen in Norddeutschland entspricht.

Wachsende #NDRfragt-Community: Mehr als 46.000 Norddeutsche machen mit

#NDRfragt ist das Meinungsbarometer für den Norden. Mittlerweile haben sich mehr als 46.000 Norddeutsche für die Community angemeldet. Wer noch nicht dabei ist, aber mitmachen will, kann sich registrieren und wird zu den Umfragen per E-Mail eingeladen. Mitglied kann werden, wer in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg oder Bremen wohnt und mindestens 16 Jahre alt ist.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 30.09.2024 | 10:00 Uhr

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