Helmuth Johannsen: Fußball-Fachmann und Meistercoach
Kein Experte hatte Eintracht Braunschweig auf dem Zettel, als es um die Favoriten für die Bundesliga-Saison 1966/1967 ging. Das Team überraschte alle und holte die Meisterschaft. Trainer der Erfolgself: Helmuth Johannsen.
Helmuth Johannsen sorgte in den Anfangsjahren der Bundesliga für eine der größten Sensationen in der Geschichte der höchsten deutschen Spielklasse: 1967 führte er den krassen Außenseiter Eintracht Braunschweig zum Gewinn der deutschen Meisterschaft. Insgesamt kam der Hamburger in seinen 35 Berufsjahren als Coach nur auf zehn Trainerstationen. Der Norddeutsche, der seine beim FC St. Pauli begonnene Spieler-Laufbahn nach Arbeits- und Kriegsdienst sowie einer Kriegsverletzung (Brust- und Lungendurchschuss) frühzeitig beenden musste, galt als Vertreter der "alten Schule" und Mann mit Prinzipien. "Eine Fachkapazität der besonderen Güte, sachlich, scharf analysierend, kein Mann für den Medienrummel, aber einer, dessen Wort galt und gilt", charakterisierte ihn das Fachmagazin "kicker" zum 75. Geburtstag am 20. Februar 1995.
Mit Braunschweig Meister, in Hannover glücklos
Der Sport- und Fußball-Lehrer, der an der Sporthochschule in Köln studierte, begann seine Trainerlaufbahn 1950 bei Bremerhaven 93. Den vier Jahren in Bremerhaven folgten von 1954 bis 1961 sieben Jahre beim Oberligisten Holstein Kiel, mit dem er 1957 die Vizemeisterschaft der Oberliga Nord erreichte. Anschließend wechselte Johannsen, der 1957 den Bund Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL) mitbegründete, zum 1. FC Saarbrücken. Im Juli 1963 begann für den Hamburger schließlich in Braunschweig eines der erfolgreichsten Kapitel in seiner Trainerkarriere. Bei der Eintracht fand er ein Umfeld vor, das ihn nicht unter Erfolgsdruck setzte, sondern eine kontinuierliche Aufbauarbeit ermöglichte. Das gipfelte in der Meisterschaft 1967. Johannsen blieb bis 1970 in Braunschweig und wechselte dann einige Kilometer weiter nordwestlich zu Hannover 96, wo er im November 1971 allerdings erstmals in seiner Karriere vorzeitig entlassen wurde - wegen anhaltender Erfolglosigkeit.
Zweiter Meistertitel mit Grasshopper Zürich
Beim Zweitligisten Röchling Völklingen arbeitete der Braunschweiger Meistercoach ab 1972 drei Jahre lang. Die Saarländer wollten mit Hilfe der Röchling-Werke ganz nach oben, doch die Stahlkrise bereitete diesen Plänen ein vorzeitiges Ende. Anschließend führte Johannsen in der Saison 1975/76 Tennis Borussia Berlin in die Bundesliga. Nach dem überraschenden Aufstieg mit TeBe verließ er Deutschland und arbeitete drei Jahre lang als Coach von Grasshopper Zürich. Mit den Schweizern gelang ihm 1978 sein zweiter nationaler Titelgewinn, zudem führte er die Mannschaft im selben Jahr ins UEFA-Cup-Halbfinale. 1979 kehrte Johannsen, der am Spielfeldrand fast nie eine Miene verzog, in die Bundesliga zurück und hatte zwei erfolgreiche Jahre beim VfL Bochum. Danach zog es ihn wieder in die Schweiz zum FC St. Gallen, den er zu einem Schweizer Spitzenclub formte. Im Sommer 1985 setzte sich Helmuth Johannsen mit 65 Jahren zur Ruhe.
Gewiefter Taktiker und guter Psychologe
Der Hamburger galt als ein gewiefter Taktiker, guter Psychologe und Mann mit profunden Fachkenntnissen. Er verfügte über Autorität und hatte einen eisernen Willen, den er auch von seinen Spielern verlangte. Die "Neue Zürcher Zeitung" bescheinigte ihm eine "kompromisslose, saubere Berufsauffassung". Johannsen hatte den "Personenkult" der Bundesliga stets verabscheut; ihm war die Arbeit das Wichtigste. Der kühle Norddeutsche war nie auf schnelle Erfolge aus - er schätzte Stetigkeit und einen systematischen Aufbau. "In Braunschweig hat man mir und der Mannschaft noch Zeit gelassen. Der Erfolg stellte sich ein. Man konnte langfristig planen und arbeiten. Man stand nicht so unter Erfolgszwang wie heute. Man sieht immer nur das Resultat - und man vergisst dabei den beschwerlichen Weg vorher", sagte er bei seinem Abschied von der Bundesliga 1981. Ende der 1980er-Jahre war Johannsen knapp ein Jahr lang Vizepräsident des FC St. Pauli, dem er seit seinem zehnten Lebensjahr angehörte. Anfang August 1988 trat er von seinem Posten wieder zurück, weil er die in seinen Augen unseriöse Ausgabenpolitik des Vereins nicht mittragen wollte. Von 1989 bis zu seinem Tod am 3. November 1998 war er Trainer-Beisitzer im DFB-Bundesgericht.