Riechforschung und Aromatherapie: Mit Düften heilen
Bestimmte Duftstoffe sind wahre Alleskönner: Sogar Krebszellen reagieren auf sie mit Wachstumsstopp. Jetzt wurde untersucht, ob regelmäßiges Riechtraining auch das Denken verbessern kann.
Ein schöner Duft hebt die Stimmung oder sorgt für Entspannung. Doch Aromen lassen sich auch medizinisch einsetzen. Bestimmte Duftstoffe helfen zum Beispiel bei Schlafstörungen und Ängsten. Einige Krankenhäuser setzen die Aromatherapie bereits in der Pflege ein: Beim Waschen nehmen Pfleger Lavendel zur Beruhigung oder Waldtanne zur Kräftigung der Patienten. Aromasalben sollen Lungenentzündungen vorbeugen. Eine Öllampe mit Orangen- und Zedernduft im Wartebereich sorgt für Entspannung bei Patienten und Klinikpersonal.
Körperzellen haben Rezeptoren für Duftstoffe
Eine Entdeckung weckt Hoffnungen, dass Duftstoffe in Zukunft noch viel mehr bewirken könnten: Nicht nur in der Nase, sondern in allen Körperzellen gibt es Rezeptoren für Duftstoffe - sogar in Herz, Lunge, Niere und Gehirn. Zuerst wurden die Forscher bei Spermien fündig, die den Weg zur Eizelle dank ihrer Duftrezeptoren finden. Die Eizelle strömt einen Maiglöckchenduft aus und weist den Spermien so den Weg.
Krebszellen reagieren auf bestimmte Duftstoffe mit Wachstumsstopp
Jede Zellart reagiert auf einen anderen Duft: So regt der Duft des Thymians (Thymol) die Darmtätigkeit an und der Sandelholzduft Sandalore wird bereits erfolgreich in der Wundheilung eingesetzt, weil er Hautzellen anregt, sich schneller zu teilen. Krebszellen haben bis zu tausendmal mehr Duftrezeptoren als gesunde Zellen und reagieren auf bestimmte Duftstoffe mit einem Wachstumsstopp. Bislang funktionierte das allerdings nur im Reagenzglas. Bis diese Erkenntnisse in der Krebstherapie eingesetzt werden können, ist es noch ein weiter Weg. Denn der entsprechende Duftstoff müsste in höchster Konzentration direkt an die Krebszellen gelangen - und das funktioniert nicht über die Nase.
Verbessern Düfte das Denken?
Ob regelmäßiges Riechtraining das Denken verbessern kann, untersuchten Forscher der Uni Dresden. Denn das Riechen beginnt in der obersten Etage der Nase. Auf fünf Quadratzentimeter Nasenschleimhaut befinden sich 20 Millionen Riechzellen. Erreicht ein Duftmolekül die Nase, melden dies die Riechzellen an das Gehirn: zum einen an das limbische System, das für Gefühle zuständig ist und zum anderen in den Hippocampus - zuständig für Erinnerungen. Der Geruchssinn ist darum ein Schlüssel zu Gefühlen und Erinnerungen - das kennt, wer sich zum Beispiel beim Duft eines bestimmten Waschmittels an die Kindheit erinnert.
Düfte gegen Schmerzen
Die Dresdner Forscher fanden auch heraus, dass Düfte gegen Alpträume helfen. Anhand von Hirnstrommessungen konnten sie beweisen, dass Düfte sich im Gehirn niederschlagen und Einfluss nehmen auf Emotionen, Kognition, Aufmerksamkeit und Konzentration. Da all das auch bei Schmerz eine Rolle spielt, kamen sie auf die Idee, Schmerzen mit Riechtraining zu behandeln.
Die Riechbahnen im Gehirn sind eng verknüpft mit Nervenknotenpunkten, die für die Schmerzbewertung und -wahrnehmung wichtig sind. Noch läuft eine Studie mit Migränepatienten, deren Beschwerden die Düfte von Nelke, Pfirsich, Orange und Lavendel lindern sollen. Eine kleinere Studie mit Rückengeplagten hat gezeigt, dass sie die Schmerzen mit Riechtraining besser tolerieren konnten - also weniger Schmerz empfanden.