Größter Batteriespeicher im Norden entsteht in Bollingstedt
In dem Dorf sollen Akkus den Tagesverbrauch von 30.000 Haushalten speichern. Rund 5 Hektar stehen bereit. 2026 soll die Anlage ohne Förderung in Betrieb gehen.
Energiespeicher sind günstig wie nie. Seit dem Sommer 2023 haben sich die Preise erneut halbiert, wie der chinesische Marktführer CATL berichtet. Damit denken Projektierer in ganz Deutschland nun in neuen Dimensionen. Wurde 2017 noch der Speicher in Braderup (Kreis Nordfriesland) als einer der größten mit 2 Megawattstunden (MWh) gefeiert, so geht es jetzt um 239 MWh im Bollingstedter Ortsteil Gammelund (Kreis Schleswig-Flensburg).
Entlastung für das Stromnetz
Das Unternehmen Eco-Stor plant auch zwei weitere Großspeicher mit 600 MWh in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Doch in Norddeutschland wäre Bollingstedt-Gammelund laut Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur mit Abstand das größte aktuell geplante Projekt. Weitere Pläne gibt es in Brokdorf (Kreis Steinburg), wo langfristig sogar 1.600 MWh angekündigt sind.
Zur Standortentscheidung sagt Ingenieur Hans Urban: "Wichtig ist, dass die Gemeinde uns gewogen ist. Und dass der Netzbetreiber die Einbindung als sinnvoll erachtet." Insbesondere im Norden Schleswig-Holsteins waren die Stromnetze durch die vielen Windparks in den vergangenen Jahren häufig an ihre Grenzen gekommen. Der Bau der Westküstenleitung sowie der Ausbau der "Mitteltrasse" entlang der A7 sorgen zwar inzwischen für Entlastung. Doch neue Engpässe sind abzusehen.
Container auf fünf Hektar
Im Gewerbegebiet zwischen der Autobahn und der parallel laufenden Landesstraße stehen nun fünf Hektar für die großen Akku-Container bereit. Auch ein Umspannwerk der Schleswig-Holstein Netz AG soll erweitert werden. Bisher rechneten sich Akkuspeicher vor allem, um sogenannte Regelleistung bereitzustellen. Dabei geht es darum, Schwankungen im Stromnetz innerhalb von Sekunden auszugleichen. Für diese Dienstleistung gab es bisher relativ hohe Vergütungen.
Sonnenenergie, auch wenn es dunkel ist
Da die Akkupreise aber gefallen sind, lohnt es sich inzwischen auch, das Auf und Ab von Wind- und Sonnenenergie über ein paar Stunden zu glätten. So sind die Großhandelspreise für Strom in den Abendstunden meist deutlich höher als am Tag, wenn die Photovoltaik viel Energie einspeist. Dieser Preisunterschied reicht aus, damit sich Speicher ohne Zuschüsse rechnen. Bisher war allerdings ein Hindernis, dass die Betreiber der Speicher doppelte Netzentgelte zahlen mussten: bei der Stromentnahme und später beim Einspeisen. Inzwischen gilt: Wenn sie bis 2029 betriebsbereit sind, müssen sie nur einmal zahlen.
Akkus ohne Kobalt und Mangan
Über knappe Rohstoffe und deren Abbaubedingungen wurde bei E-Autos viel diskutiert. Bei Großspeichern stellt sich das Problem ebenfalls. In Gammelund sollen Akkus ohne die umstrittenen Metalle Kobalt und Mangan zum Zuge kommen. Stattdessen wird Lithium-Eisenphosphat (LFP) verwendet, berichtet Urban. Diese Technik setzt sich zunehmend bei Autos und Speichern durch, da sie günstiger ist und immer leistungsfähiger wird. Am 19.April wird in Bollingstedt-Gammelund der erste Spatenstich getätigt. Im Jahr 2026 soll der Batteriespeicher ans Netz gehen.