Bensersiel: Umgehungsstraße droht Abriss
Bensersiel an der Nordseeküste ist ein beliebtes Touristenziel: Von hier fahren die Fähren nach Langeoog, der Nationalpark Wattenmeer beginnt vor der Haustür - und rund herum: ein Vogelschutzgebiet. Das ist schön, aber auch unpraktisch, etwa wenn es um die Planung neuer Straßen und Baugebiete geht.
Die Bensersieler haben genau das nun schmerzlich erfahren müssen. Denn ihre erst vor drei Jahren feierlich eröffnete Umgehungsstraße ist ein illegaler Schwarzbau. Das hat das Bundesverwaltungsgericht Leipzig nun in letzter Instanz festgestellt.
Straße geht durch "faktisches" Schutzgebiet
Geklagt hatte ein Landbesitzer, dessen landwirtschaftliche Flächen von der Straße durchtrennt werden. Er hatte sich darauf berufen, dass die Straße durch ein "faktisches" Vogelschutzgebiet verläuft. "Faktische" Schutzgebiete sind Gebiete, die nach den EU-Kriterien als Schutzgebiet geführt werden müssten, nur bislang noch nicht korrekt angemeldet sind. Für diese Gebiete gelten besonders strenge Regeln, es darf eigentlich gar nichts geplant oder gebaut werden.
Nicht auf Naturschützer gehört
Der Stadt Esens, zu der Bensersiel gehört, war dieser Umstand bekannt. Bereits 2003 wiesen Umweltverbände im Planungsverfahren darauf hin. Für die Stadt waren diese Bedenken jedoch nachrangig, so Stadtdirektor Jürgen Buß gegenüber Panorama 3: "Wenn ich auf die Naturschützer gehört hätte, dann hätten wir gar nichts gemacht. Dann würden wir aber auch kein Projekt mehr hier in der Region schaffen, weil bei jedem Projekt die Naturschützer uns sagen: Das geht nicht. Aber wir brauchen diese Straße. Da ist im Zuge solch eines Verfahrens eben eine Abwägung zwischen Naturschutzbelangen und anderen Belangen vorzunehmen."
Ordnungsgemäße Planung - im Nachhinein?
Eine riskante Einschätzung. Denn für Bensersiel geht es jetzt um nicht weniger als die wirtschaftliche Existenz. Der illegal errichteten Straße droht der Abriss. Für diesen Fall wären nicht nur die Baukosten in Millionenhöhe futsch, die Stadt müsste auch die rund 6 Millionen Euro an Fördergeldern zurückzahlen, die sie vom Land als Zuschuss für die Straße erhalten hat. Ruinöse Kosten, die mit aller Kraft verhindert werden sollen. "Für uns ist ein Abriss keine Option. Wir werden alles tun, damit die Straße eine ordnungsgemäße Planung bekommt“, sagt Jürgen Buß. Vielleicht hätte man das lieber von Anfang an tun sollen.