Stand: 28.09.2015 21:42 Uhr

VW: Elf Anzeigen und ein Ermittlungsfall

"Wir haben gegen Herrn Winterkorn ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges eingeleitet", so Birgit Seel von der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Bisher seien zehn Anzeigen von Privatpersonen eingegangen, gab die Juristin bekannt. Einige richteten sich namentlich gegen Martin Winterkorn, weswegen die Justiz nun direkt gegen ihn ermittle. Auch der Volkswagen Konzern habe Anzeige erstattet - allerdings gegen Unbekannt. In den Anzeigen, deren Eingang nach dem Skandal bereits abzusehen war, geht es um den Vorwurf des Verkaufs von Autos mit manipulierten Abgaswerten. Die Justiz geht aufgrund bisheriger Erfahrungen davon aus, dass weitere Anzeigen folgen werden. Es sei aber noch völlig offen, ob tatsächlich ein Anfangsverdacht gegen Martin Winterkorn bestätigt werden könne, so Seel. Daher sei es für die Behörde erst einmal wichtig zu klären, bei welchen Personen im Konzern die Verantwortlichkeiten gelegen hätten. Mit kurzfristigen Ergebnissen ist laut Seel nicht zu rechnen.

VIDEO: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Winterkorn (4 Min)

VW: Unregelmäßigkeiten könnten strafrechtlich relevant sein

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte erste Vorermittlungen bereits in der vergangenen Woche aufgenommen. Nach Angaben der Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen ist auch eine Strafanzeige der Volkswagen AG eingegangen - ohne Benennung eines Beschuldigten. Das hatte VW bereits nach der Präsidiumssitzung am Mittwoch angekündigt und erklärt: "Es steht nach Ansicht des Präsidiums fest, dass es zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist, die auch strafrechtlich relevant sein können." Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft würden vom Konzern in aller Form unterstützt, hieß es.

Entscheidung über Manipulationen schon 2005?

Unterdessen gibt es neue Hinweise auf die Fragen nach dem Zeitpunkt und den Verantwortlichen hinter der Manipulationen. Interne Ermittlungen hätten ergeben, dass die Entscheidung für den Einbau der Manipulations-Software bereits in den Jahren 2005 und 2006 gefallen sein soll - in der Motorenentwicklung in der VW-Zentrale in Wolfsburg. Das berichtet die deutsche Presseagentur (dpa) mit Bezug auf Konzernkreise. An der Konzernspitze stand damals Bernd Pitschesrieder, der heutige Daimler-Manager Wolfgang Bernhard leitete damals die Kernmarke VW. Die Ergebnisse wolle Volkswagen am Mittwoch bei einer erneuten Krisensitzung des Aufsichtsratspräsidiums vorlegen, heißt es von der dpa weiter. Das dürfte auch für die Ermittlungen gegen Martin Winterkorn von Interesse sein: Erst 2007 hatte er die Nachfolge von Pietschesrieder als Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG angetreten.

VW-Markenchef spricht mit EU-Kommission

Überhaupt geht es in den folgenden Tagen im Konzern sehr geschäftig zu: Am Dienstag wird VW-Markenchef Herbert Diess nach Brüssel reisen. Der Manager wolle Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska treffen und sie über die jüngsten Entwicklungen informieren, gab die EU-Kommission bekannt. Die genaue Uhrzeit und Details zu dem Gespräch teilte die Behörde nicht mit. Am Donnerstag, nur einen Tag nach der Krisensitzung, wollen der neue Konzernchef Matthias Müller und der Betriebsrat die Belegschaft im Stammwerk Wolfsburg über die Folgen des Skandals informieren. Sorgen über ihre Arbeitsplätze müssen sich die Beschäftigten laut Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh keine machen: "Wir beobachten das aber täglich sehr genau", fügte er allerdings an.

2,1 Millionen Audis ...

Am Montag war bekannt geworden, dass auch 2,1 Millionen Fahrzeuge der VW-Tochter Audi von den Manipulationen betroffen sind. Das bestätigte ein Audi-Sprecher der Nachrichtenagentur Reuters. In der Region Westeuropa gehe es um 1,42 Millionen Wagen, in Deutschland um 577.000. In den USA betreffe die Manipulation der Abgastechnik rund 13.000 Fahrzeuge, so der Audi-Sprecher. Der fragliche Motor sei in den Varianten mit 1,6 und 2 Litern Hubraum als Turbodiesel in den Typen A1, A3, A4 und A6, dem Sportwagen TT sowie den Geländewagen Q3 und Q5 verbaut worden. Der Volkswagen-Konzern hat die verbotene Software weltweit in elf Millionen Fahrzeugen verbaut, betroffen sind auch Fahrzeuge der Marke Skoda.

... und 1,8 Millionen VW Nutzfahrzeuge betroffen

Ebenfalls betroffen vom Abgasskandal sind laut einen Bericht der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (HAZ, Dienstagsausgabe) auch 1,8 Millionen leichte Nutzfahrzeuge. Das berichtet das Blatt unter Berufung auf die Marke VW Nutzfahrzeuge, die die Modelle Transporter, Caddy, Crafter und Amarok umfasst.

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Hallo Niedersachsen | 27.09.2015 | 14:00 Uhr

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