Plagiatsvorwürfe gegen Backhaus: Uni reagiert
Die Humboldt-Universität Berlin reagiert auf Berichte über angebliche Plagiate in der Doktorarbeit von Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD). Ein Sprecher der Universität erklärte auf Anfrage von NDR 1 Radio MV, das zuständige Prüfgremium werde sich die neuen Vorwürfe anschauen. Backhaus' 99-Seiten-starke Doktorarbeit sei schon 2013 einer Prüfung von der Kommission zur Überprüfung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens unterzogen worden. Diese sei damals zu dem Ergebnis gekommen, dass bei Backhaus kein Fehlverhalten vorliege, so der Sprecher. Die neuen Vorwürfe werde sich die Kommission unter der Leitung ihres Vorsitzenden Professors Michael Seadle ansehen und dann bewerten, ob die Arbeit erneut überprüft wird, so der Sprecher. Wann das geschehen wird, blieb zunächst offen.
Vorwurf: Text-Passagen übernommen
Backhaus soll in seiner Doktorarbeit umfangreich Passagen aus anderen Werken kopiert haben. Wie die "Ostsee-Zeitung" am Donnerstag berichtete, soll der Minister auf 44 von 66 Seiten Text-Passagen übernommen haben, ohne die Quelle anzugeben. Die Zeitung beruft sich auf eine neue aufwendige Überprüfung der Dissertation des Ministers. Auch die Literaturliste weise Mängel auf. Backhaus wies die Vorwürfe in einer schriftlichen Stellungnahme am Donnerstag zurück. Seine Arbeit sei mehrfach geprüft worden, so Backhaus. Sie genüge wissenschaftlichen Standards. Das würde auch eine erneute Prüfung ergeben, kündigte er an. Er räumte aber "kleinere Defizite" der Arbeit ein.
Erste Überprüfung hatte keine Mängel ergeben
Bei einer ersten Überprüfung im Jahr 2011 waren keine Fehler entdeckt worden. Dieses Mal hätten die überprüfenden Wissenschaftler nicht online recherchiert, sondern in Büchern. Diese Überprüfung habe über 300 Beanstandungen ergeben. Backhaus hatte seine Doktorarbeit zu dem Thema "Betrachtungen zur Getreideproduktion in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 1900 und 2000" im Bereich Agrarwissenschaften im Jahr 2001 an der Berliner Humboldt-Universität eingereicht und die Note "cum laude (gut)" erhalten.
Plagiatsforscher: "Eine sehr schwache Arbeit"
Plagiatsforscher Gerhard Dannemann, Rechtsprofessor an der Humboldt-Universität Berlin, warnt vor voreiligen Schlüsse. "Das sind inhaltliche - nicht wörtliche Übereinstimmungen - zwischendrin auch einmal ein paar Worte im Zusammenhang. Aber es ist nicht so, dass da absatzweise Wort für Wort aus einem anderen Buch übernommen wurde", sagte Dannemann NDR 1 Radio MV. "Was man feststellen kann: Dass die Dissertation von Herrn Backhaus mit Quellenangaben sehr sparsam umgeht, aber ob das dann wirklich dazu reicht, zu sagen, diese Arbeit ist ein großflächiges Plagiat - da würde ich jetzt noch abwarten."
Dannemann gehört zum Netzwerk VroniPlag Wiki, das schon verschiedene Ungereimtheiten bei Doktorarbeiten aufdeckte. An der Dokumentation zur Backhaus-Promotion war VroniPlag Wiki jedoch nicht beteiligt. Dannemanns Urteil über den Wert der Arbeit ist eindeutig, auch wenn er betont, er sei nicht vom Fach: "Aus geistes- und sozialwissenschaftlicher Perspektive sieht das nach einer sehr, sehr schwachen Arbeit aus. Eine, bei der man sich überlegen sollte, ob man die hätte so annehmen sollen."
Doktorvater: Vorwürfe haltlos, aber "eine gewisse Nachlässigkeit"
Ein Gutachter der Minister-Promotion, Professor Norbert Makowski aus Rostock, unterstützte Backhaus' Haltung. Die Vorwürfe seien haltlos, so der Doktorvater. In der Regel habe Backhaus die Quellen genannt. Es gebe aber auch eine gewisse Nachlässigkeit, so Makowski. Einige Autoren würden nicht benannt. Außerdem weise die Arbeit eine Reihe von Formfehlern auf, bei Fußnoten würden keine Seitenzahlen der zitierten Werke angeben. Dies werde in Promotionsordnungen aber auch nicht verlangt. Diese Fehler hätten sich auch in der Note widergespiegelt.
Doktorand bezahlt Doktorvater als Berater?
Makowski erhielt nach übereinstimmenden Medienberichten zwischen 2000 und 2001 zwei Beraterverträge von der Landwirtschaftlichen Beratungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern/Schleswig-Holstein (LMS). Bezahlt wurden die Verträge über 13.000 und 14.000 DM vom Landwirtschaftsministerium in Schwerin unter Till Backhaus (Landtagsdrucksache 4/450).
Linksfraktion fordert Aufklärung
Die Links-Opposition verlangt in der Angelegenheit Aufklärung. Die Humboldt-Universität in Berlin sei gefordert, es gehe immerhin um schwerwiegende Anschuldigungen. Die SPD-Landtagsfraktion stellte sich dagegen demonstrativ hinter Backhaus. Hier werde kampagnenartig versucht, die wissenschaftliche Integrität von Till Backhaus zu beschädigen - und das, obwohl längst klar sei, dass die Promotion wissenschaftliche Standards einhalte.