Gorleben: Atomlager bis 2034 - oder für immer?
Das Atommüll-Zwischenlager im niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg ist eine von drei zentralen Anlagen dieser Art in Deutschland. Etwa zwei Kilometer südlich von Gorleben ist stark strahlender deutscher Atomabfall aus den Wiederaufarbeitungsanlagen im französischen La Hague und dem britischen Sellafield eingelagert. In dem Zwischenlager werden abgebrannte Brennelemente abgekühlt, bis ein geeignetes Endlager gefunden ist. Der benachbarte Salzstock Gorleben-Rambow galt lange Zeit als mögliches Endlager. Im Mai 2014 nahm eine Kommission zur Suche eines Endlagers die Arbeit auf. Bis 2031 soll ein Standort gefunden sein. Mittlerweile gehen Experten nicht mehr davon aus, dass sich der Salzstock Gorleben dafür als geeignet erweisen wird. Auf dem Betriebsgelände des Zwischenlagers steht zudem das Abfalllager Gorleben, das für schwach radioaktiven Müll verwendet wird. Außerdem gibt es die Pilot-Konditionierungsanlage, in der Verpackungsverfahren für die spätere Endlagerung radioaktiver Stoffe entwickelt werden.
Zwischenlager bis zum Jahr 2034 genehmigt
Der Atommüll soll für 20 bis 30 Jahre in Gorleben oberirdisch zwischengelagert werden. Erst dann ist er auf etwa 200 Grad Celsius heruntergekühlt und damit zur Endlagerung in Salz geeignet. Grund für die lange Kühldauer ist die Wärmeentwicklung während des Zerfall-Prozesses. Bei der Anlieferung ist der Atommüll etwa 400 Grad Celsius heiß.
Das atomare Zwischenlager in Gorleben wurde 1983 nach knapp zweijähriger Bauzeit fertiggestellt. Zunächst wurde das sogenannte Transportbehälterlager für die Einlagerung von 1.500 Tonnen abgebrannter Brennelemente aus deutschen Atomkraftwerken genehmigt. Im Juni 1995 wurde die Genehmigung auf eine Menge von 3.800 Tonnen erweitert. Zudem durften seitdem auch sogenannte Glaskokillen aus der Wiederaufarbeitung in das Zwischenlager gebracht werden. Die Genehmigung des Lagers ist bis zum 31. Dezember 2034 befristet.
Atomkraftgegner verzögerten mit ihren Aktionen die Anlieferungen per Zug teilweise tagelang. Der bislang letzte Transport mit Castorbehältern aus der Wiederaufarbeitung rollte Ende November 2011 nach Gorleben. Inzwischen müssen die deutschen Kernkraftwerke ihre neu entstandenen Abfälle in eigenen Lagern direkt an den jeweiligen Standorten aufbewahren.
Platz für 420 Atommüll-Behälter
Das 15 Hektar umfassende Betriebsgelände des Zwischenlagers Gorleben liegt mitten im Naturpark Elbufer-Drawehn. Kernstück der Anlage ist eine ebenerdige Halle von 182 Metern Länge, 38 Metern Breite und 20 Metern Höhe. Sie ist aus Stahlbeton mit einem Betonplattendach errichtet. Die Außenwände sind mit Aluminiumblechen verkleidet. Große Zu- und Abluftöffnungen bewirken, dass die Abwärme der eingelagerten Behälter durch den natürlichen Zug nach außen geleitet wird.
Langwierige Prozesse sowie atomrechtliche Auseinandersetzungen zwischen dem Bund und dem Land Niedersachsen führten dazu, dass der erste Castor-Behälter mit hoch radioaktivem Atommüll erst 1995 in das Zwischenlager gebracht wurde. In der Halle gibt es maximal 420 Stellplätze für eine Gesamtmenge von 3.800 Tonnen Kernbrennstoff. Im Herbst 2014 befanden sich nach Angaben des Betreibers Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) 113 Großbehälter mit hoch radioaktivem Atommüll in Gorleben.
Zwischenlager nur "bessere Tennishalle"?
Atomkraftgegner bezweifelten von Anfang an die Sicherheit des Lagers. Tatsächlich bietet die Halle, die von der früheren niedersächsischen Umweltministerin Monika Griefahn (SPD) einmal spöttisch als "bessere Tennishalle" bezeichnet wurde, keinen Schutz gegen Flugzeugabstürze. Die Betreiber weisen jedoch darauf hin, dass die Halle keine besondere Sicherheitsfunktion habe, sondern nur ein Wetterschutz sei. Der Schutz des strahlenden Atommülls werde durch die massiven Behälter, die vor allem der Castor-Gruppe angehören, gewährleistet.
Erhöhte Strahlung und veränderte Geburtenrate
Im Spätsommer 2011 erregte eine Studie die Gemüter: Rund um das Zwischenlager Gorleben hatte sich die Geburtenrate verändert: Seit Beginn der Lagerung radioaktiven Atommülls im Jahr 1995 wurden weniger Mädchen geboren. Die Frage, ob oder inwieweit die Strahlung aus dem Zwischenlager dafür verantwortlich ist, beantwortete die Studie nicht. Im April 2014 wurde erneut eine Untersuchung der Hintergründe auf den Weg gebracht.
Ebenfalls 2011 sorgte die Strahlung am Zwischenlager für heftige Diskussionen, weil sie höher sein sollte als erwartet. Im Jahr 2013 gab es nach einer gemeinsamen Messung durch Betreiber und Umweltschützer Entwarnung.