Innensenator Andy Grote redet in der Hamburgischen Bürgerschaft. © picture alliance / dpa Foto: Marcus Brandt

Hamburgische Bürgerschaft debattiert über Abschiebungen

Stand: 15.06.2022 15:53 Uhr

Die AfD ist in der Hamburgischen Bürgerschaft mit ihrer Forderung nach mehr Abschiebungen und einem Lob für die britische Abschiebepraxis auf scharfe Kritik gestoßen.

Vertreterinnen und Vertreter der anderen Parteien warfen ihr in der Aktuellen Stunde am Mittwoch menschenverachtenden Populismus vor. AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann hatte die Pläne der britischen Regierung, Asylsuchende zwangsweise ins afrikanische Ruanda auszufliegen, um vor einer Einreise ins Vereinigte Königreich abzuschrecken, als gutes Beispiel dargestellt. Mit Blick auf die deutsche Praxis sprach er hingegen von einem "Totalversagen von Bund und Ländern". Aus seiner Sicht schiebt Innensenator Andy Grote (SPD) viel zu wenige abgelehnte Asylbewerber ab.

Grote wehrt sich gegen Kritik

Grote verwies darauf, dass viele von den von der AfD genannten rund 7.000 Ausreisepflichtigen in Hamburg wegen einer Duldung zu Recht nicht abgeschoben werden könnten. "Wir haben viele Fälle, in denen die Duldung ein Aufenthaltsrecht beinhaltet", erklärte er. An die Adresse der AfD gewandt sagte Grote: "Zeigen Sie mir einen einzigen Fall, in dem es an mangelder Konsequenz der Hamburger Ausländerbehörden gelegen hat, dass eine Rückführung nicht funktioniert."

SPD und Grüne kontra AfD

Die AfD unterscheide in "echte und falsche" Flüchtlinge, sagte der der SPD-Abgeordnete Ekkehard Wysocki. Das sei eine politische Wertung und habe nichts mit Recht zu tun. Eine Gruppe abschieben zu wollen, "damit wir für die wahren Flüchtlinge Platz haben, das ist menschenverachtend". Offenbar gehöre es zum Menschenbild der AfD, "die Menschen, die nach ihrer Ansicht nicht hier hergehören, mit aller Gewalt wegzuschaffen", sagte Michael Gwosdz von den Grünen. "Was wir brauchen, sind gute Aufenthaltsperspektiven."

CDU: Es geht um Rechtsstaatlichkeit

Der CDU-Innenexperte Dennis Gladiator warf dem rot-grünen Senat vor, in der Frage der Rückführungen gespalten zu sein. "Während die SPD wenigstens noch so tut, als ob sie Abschiebungen ernst nimmt, stehen die Grünen für das absolute Gegenteil", sagte er. Es gehe um Rechtsstaatlichkeit. In dieser Frage sei die AfD ein schlechter Ratgeber. "Liebe AfD, Ihren Rat braucht wirklich niemand, nicht einmal der Senat", sagte er.

Linke fordert Bleiberecht für gut integrierte Menschen

Die Migrationsexpertin der Linken, Carola Ensslen, nannte die von der AfD angemeldete Debatte einen "dumpfen Versuch, Ihre Klientel zu bedienen". Gerade angesichts des Fachkräftemangels brauche der Innensenator eher "Nachhilfe bei der Abschiebungsverweigerung". Ein Bleiberecht für gut integrierte Menschen sei der richtige Weg.

Nach Ansicht der FDP-Abgeordneten Anna von Treuenfels gehört zu einem modernen Asyl- und Einwanderungsrecht auch die Durchsetzung der Ausreisepflicht. "Alles andere beschädigt die Akzeptanz in den funktionierenden Rechtsstaat und führt dazu, dass rechte Populisten Stimmung machen."

 

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 15.06.2022 | 15:00 Uhr

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