Bürgerschaftswahl: Was die Parteien zum Thema Migration fordern

Stand: 07.02.2025 12:17 Uhr

Migration zählt zu den Themen, die im Wahlkampf für die Bürgerschaftswahl in Hamburg eine Rolle spielen. Für 20 Prozent der Befragten im jüngsten NDR HamburgTrend ist es derzeit sogar das wichtigste Problem in der Stadt.

NDR Hamburg hat die Wahlprogramme der in Hamburg in der Bürgerschaft vertretenen Parteien miteinander verglichen.

Fast alle Parteien für mehr Abschiebungen

Nicht erst seit Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg werden auch in Hamburg mehr Abschiebungen von ausreisepflichtigen Geflüchteten gefordert und auch durchgeführt. In der Hansestadt sind im vergangenen Jahr mehr als 1.700 Geflüchtete abgeschoben worden. Das waren knapp 300 mehr als im Vorjahr. Im SPD-Wahlprogramm wird gefordert, die Zahl der Rückführungen "deutlich" zu steigern, vor allem auch die Abschiebung von Personen, die Straftaten begangen haben. Das ist im vergangenen Jahr 270 Mal geschehen. Zum Vergleich: 2023 gab es 191 solcher Abschiebungen.

Ein Fahrzeug der Bundespolizei sichert die Maschine bei einer Abschiebung am Hamburger Flughafen Helmut Schmidt Airport. © picture alliance / ABBfoto | Foto: ABBfoto |
SPD, Grüne, CDU, FDP und AfD befürworten mehr Abschiebungen. Die Linke ist dagegen.

Auch die CDU ist für mehr und schnellere Abschiebungen, "um die Akzeptanz für das Asylsystem zurückzugewinnen und die Überforderung auch in Hamburg zu beenden". Außerdem will die Partei ausreisepflichtigen Personen "sämtliche Sozialleistungen streichen", heißt es im CDU-Wahlprogramm.

Im FDP-Wahlprogramm werden höhere Kapazitäten für die Abschiebehaft gefordert. Auch die Grünen sperren sich nicht gegen Abschiebungen, sie fordern aber, dass diese über Ländergrenzen hinweg von unabhängiger Seite beobachtet werden, weil es immer wieder zu kritischen Situationen gerade bei der Abholung aus der Haftanstalt in Glückstadt in Schleswig-Holstein kommt. Im AfD-Wahlprogramm werden deutlich mehr Abschiebungen als Ziel genannt. Um das zu erreichen will die Partei auch "an Konsulate und Botschaften auswärtiger Staaten herantreten", um "Abschiebungen zu ermöglichen und zu erleichtern". Ganz anders das Wahlprogramm der Linken: Dort spricht sich die Partei komplett gegen Abschiebungen aus.

FDP will Frauen für Sprachkurse gewinnen

Geflüchtete aus Syrien, Eritrea, Iran und Irak nehmen an einem Deutschkurs teil. © icture alliance / dpa | Hendrik Schmidt Foto: Hendrik Schmidt
SPD, Grüne, FDP setzen auf Sprachkurse für Geflüchtete. Die AfD hält sie in vielen Fällen für überflüssig.

Das Erlernen der deutschen Sprache ist die Voraussetzung für eine gelingende Integration. Das ist Konsens bei fast allen Parteien. Die Grünen wollen sich dafür einsetzen, dass Sprachförderprogramme ausgebaut werden und dass zu Integrationskursen auch Betreuungsplätze für die Kinder der geflüchteten Frauen angeboten werden. Dem stimmt auch die FDP zu, und sie will Frauen in den Unterkünften gezielt zur Teilnahme an Sprachkursen motivieren. Außerdem wollen die Liberalen, dass Flüchtlinge Sprachkurse besuchen und gleichzeitig auch arbeiten können. "Eine Berufstätigkeit neben dem Sprachkurs bietet Anwendungsmöglichkeiten im Alltag und fördert einen schnelleren Spracherwerb", heißt es im Wahlprogramm der FDP.

CDU will mehr Sprachkurse und Hilfe bei Behördengängen

Auch die CDU will Sprachkurse ausbauen und Geflüchtete bei Behördengängen oder beim Arztbesuch durch mehr Sprachmittlerinnen und Sprachmittler besser unterstützen. Und die Linke schreibt: "Es darf keine langen Wartezeiten und Zugangshürden für Sprachkurse geben."

Die AfD schließlich will ihrer Ansicht nach "überflüssige" Integrationsmaßnahmen und -angebote für Migrantinnen und Migranten beenden, die sich nur zeitweise in Hamburg aufhalten. Zudem fordert sie, dass Geflüchtete in Hamburg künftig nur noch Sach- statt Geldleistungen bekommen. Die AfD erhofft sich davon, dass der "wirtschaftlich motivierte Asylmissbrauch effektiv eingedämmt wird". 

SPD und Grüne wollen menschenwürdige Unterbringung

Wohnzelte in Hamburg in der Schnackenburgallee in einem Flüchtlingscamp. © picture alliance / dpa | Axel Heimken Foto: Axel Heimken
Die Linke kritisiert die "Massenunterbringung" von Geflüchteten. Die CDU will, dass Geflüchtete ausgewogen in der Stadt verteilt werden.

Ende 2024 lebten knapp 47.000 Menschen in städtischen Unterkünften in Hamburg. Davon gibt es mehr als 230, die über das ganze Stadtgebiet verteilt sind. SPD und Grüne fordern menschenwürdige Unterbringung im ganzen Stadtgebiet. Und auch die CDU will auf eine ausgewogene soziale Verteilung in der Stadt und eine echte Bürgerbeteiligung achten. Die Linke kritisiert, dass Geflüchtete vor allem in größeren Unterkünften untergebracht werden und spricht von "Massenunterbringung". Die Idealform sei dabei die dezentrale Wohnunterbringung, schreibt sie in ihrem Wahlprogramm. Die AfD dagegen will Asylsuchende nach dem Vorbild Dänemarks in großen Sammellagern unterbringen, weil sie meint, dass die "zunehmende Migration, die Wohnungsknappheit in Hamburg verschärft".

AfD will Verträge mit islamischen Religionsgemeinschaften aufkündigen

Die blaue Moschee (Imam-Ali-Moschee) an der Hamburger Außenalster. © NDR Foto: Carolin Fromm
Die Zukunft der Blauen Moschee an der Außenalster ist seit dem Verbot des Islamischen Zentrums offen.

Islamismus bezeichnen alle Parteien als Gefahr für Deutschland und die Demokratie, so wollen alle diesen auch entschlossen bekämpfen. Die CDU will die Verträge mit den islamischen Religionsgemeinschaften aussetzen. Sie meint, dass die türkisch-islamische Vereinigung DITIB Nord "vom Erdogan-Regime in der Türkei unmittelbar gesteuert" werde, und sich die Schura, der Rat der islamischen Gemeinschaften "bis heute nicht glaubhaft vom Islamischen Zentrum Hamburg (IZH), das vom Mullah-Regime im Iran gesteuert wurde, distanziert" habe. Die AfD geht sogar einen Schritt weiter. Sie will die Verträge mit den islamischen Religionsgemeinschaften aufkündigen. Ganz anders SPD und Grüne - sie wollen an den Verträgen festhalten, weil diese Grundlage seien für einen offenen Dialog. Den wollen beide Parteien fortführen.

Die FDP will, dass die Blaue Moschee an der Außenalster nach dem Verbot des Islamischen Zentrums im Juli 2024 weiterhin ein Ort für Muslime schiitischen Glaubens bleibt, aber auch ein Ort für alle Exil-Iraner und -Iranerinnen. Auch die SPD sagt, die "Blaue Moschee soll künftig zu einem Ort der Religionsausübung als auch der kulturellen Begegnung" auf Grundlage der verfassungsmäßigen Ordnung werden.

Zuletzt mehr Einbürgerungen in Hamburg

In Hamburg lassen sich immer mehr Zugewanderte einbürgern. 9.599 Ausländerinnen und Ausländer haben im vergangenen Jahr einen deutschen Pass bekommen. Das waren fast 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Die deutliche Steigerung der Zahl der Einbürgerungen liegt auch an der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts Mitte vergangenen Jahres. Dabei wurde die Wartezeit auf eine Einbürgerung von acht auf fünf Jahre verkürzt. Die AfD hält nicht viel von Einbürgerungen. Sie wendet sich gegen eine "multikulturelle Gesellschaft" und spricht von "damit häufig verbundenen Parallelgesellschaften".

SPD und Grüne wollen weiterhin alle einladen, die auch die Voraussetzungen dafür erfüllen, sich einbürgern zu lassen. Die CDU bezeichnet dies als "Express-Einbürgerungen" und hält sie für verfehlt. Sie will sich deshalb auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts zurückgenommen wird. Für langjährig hier lebende Zugewanderte soll die Einbürgerung aber weiter möglich sein, denn sie steht am Ende einer "erfolgreichen Integration", so die Christdemokraten.

Eine Einbürgerungsurkunde der Bundesrepublik Deutschland (l) und ein deutscher Reisepass liegen auf einem Tisch. © picture alliance/dpa | Fernando Gutierrez-Juarez Foto: Fernando Gutierrez-Juarez
Bei den Einbürgerungen von Migrantinnen und Migranten gehen die Positionen der Parteien stark auseinander.

Die Linke will, dass nicht nur eingebürgerte Zuwandererinnen und Zuwanderer in Hamburg wählen können, sondern auch diejenigen, die bereits länger in Hamburg leben. Diese sollen, geht es nach den Linken, auf kommunaler Ebene unabhängig von ihrem Pass wählen dürfen.

Redaktioneller Hinweis: Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels öffentlich kein auf Hamburg zugeschnittenes Wahlprogramm vorgestellt. Deshalb bleiben etwaige Wahlaussagen des BSW unberücksichtigt.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | Hamburg Journal | 07.02.2025 | 19:30 Uhr

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