Dominik Wagner: "Der Kontrabass ist spannend, weil er vielseitig ist"

Stand: 25.01.2024 11:10 Uhr

Dominik Wagner spielt den Kontrabass mit einer Leichtigkeit und Virtuosität, die ihresgleichen sucht. Nun hat Wagner gemeinsam mit der lettischen Pianistin Lauma Skride ein Duoalbum vorgelegt, mit dem er nichts weniger als die Geschichte des Kontrabasses erzählen will. Gemeinsam sind sie bei NDR Kultur EXTRA.

Im Orchester ist er unverzichtbar, aber als Soloinstrument ziemlich unterschätzt: Die Rede ist vom Kontrabass. Dominik Wagner spielt den Kontrabass mit einer Leichtigkeit und Virtuosität, die ihresgleichen sucht. Zwei vielbeachtete Alben mit Solostücken für sein ungewöhnliches Instrument hat er bereits eingespielt. Auf dem dritten ("Chapters") vereint er Kompositionen von Schubert, Rachmaninow, Debussy, Fauré, Philipp Glas und vielen anderen Komponisten. Da es an Originalkompositionen für Kontrabass mangelt, handelt es sich in erster Linie um Bearbeitungen von Werken, die ursprünglich für andere Instrumente geschrieben worden sind.

Dominik, du zeigst auf dem Album, wie vielseitig dein Instrument ist. Der Kontrabass ist ein Instrument, was nicht nur in der Klassik Raum findet, sondern es ist ein sehr vielseitiges Instrument.

Dominik Wagner: Ich finde den Bass sehr spannend und zwar genau aus der Sicht, dass er vielseitig ist. Ich meine, in klassischen und größeren Ensembles ist immer ein Kontrabass dabei. Im Tango ist er natürlich auch zu Hause, deswegen spielen wir auch oft gemeinsam Piazzolla. Aber der Bass ist auch im Jazz ein sehr beliebtes Instrument. Wir kennen den Kontrabass als Instrument, das ausschließlich der Bass-Funktion nachkommt, aber es gibt noch eine ganz andere Welt zu entdecken und viele Menschen kennen die gar nicht. Meine Leidenschaft ist es, den Menschen diese vielseitige Welt des Kontrabasses näher zu bringen.

Eine Frau lehnt sich auf einen schwarzen Flügel, neben ihr steht ein junger Mann mit einem Kontrabass in der Hand. © Claudius Hinzmann / NDR Foto: Claudius Hinzmann / NDR
AUDIO: Kontrabass-Geschichten: Dominik Wagner & Lauma Skride (55 Min)

Ihr habt Musik ausgewählt, die wirklich in ganz unterschiedliche Richtungen führt. Ihr habt Musik von Nadia Boulanger und Claude Debussy mitgebracht, also französische Musik. Warum hast du diese Stücke ausgewählt, Dominik?

Wagner: Der Fokus des Albums "Chapters" war, den Bass von der gesanglichen Seite zu zeigen. Da ist die französische Musik ganz besonders, wenn es darum geht, so elegant und fein zu musizieren, was man vom Kontrabass überhaupt nicht erwarten würde. Um eben genau das auf die Spitze zu bringen, haben wir solche Werke genommen. Das ist einfach unglaublich schöne Musik, die man gerne spielt und hört.

Lauma, du hast vorher schon mal mit Kontrabass zusammen Musik gemacht, aber es ist eine Duo-Kombination, die relativ rar ist. Wie ist das für dich am Klavier? Ist es anders, dass der Bass jetzt die Melodie-Stimme übernimmt?

Lauma Skride: Es ist nicht anders als bei anderen Instrumenten, wenn man Musik zusammenspielt. Natürlich guckt man immer auf die Balance. Je größer das Instrument, desto vorsichtiger muss man auf dem Klavier spielen. Es ist natürlich nicht so, dass ich jeden Tag ein Kontrabass-Recital spiele, aber es ist schon mal vorgekommen. Das Projekt mit Dominik ist sehr besonders, auch durch das Programm. Besonders ist auch, dass bekannte Werke dabei sind, die Dominik selber arrangiert hat. Ich freue mich wahnsinnig, neue Werke zu erlernen. Das ist für mich ein bisschen wie eine neue Welt. Ich würde sagen: ein schönes Abenteuer.

Dominik, dir ist es auch wichtig, mit den Vorurteilen des Kontrabasses aufzuräumen. Was sind denn die übelsten Vorurteile, die dir begegnet sind?

Wagner: Ich kenne das oft von Veranstaltern, die sich gar nicht mehr die Zeit nehmen den Lebenslauf, ein Video oder eine Aufnahme anzuhören. Die sagen einfach: "Kontrabass machen wir nicht". Das ist natürlich etwas, mit dem man oft konfrontiert ist. Man hat ein bisschen mit diesen Negativklischees vom Theaterstück "Der Kontrabass" von Patrick Süskind zu kämpfen. Das ist ein geniales Stück, aber der Bass sieht am Ende doch relativ schlecht aus. Viele Leute denken, das ist dann wohl so. Das Hauptding ist, man kennt den Bass als Bassinstrument, und da ist er auch ganz fantastisch geeignet. Wenn man ihn dann mal in einer Brahms-Symphonie hört, wo er die ganze Zeit nur das tiefe Register bedient, weil er dafür ideal geeignet ist, dann kann man sich oft schwer vorstellen, dass da noch mehr geht. Dagegen spielen eine Geige, ein Cello oder eine Bratsche tolle Melodien und die Bläser erst recht. Das ist oft so.

Was war es, was dich als Zehnjähriger am Kontrabassspielen gereizt hat?

Wagner: Der Kontrabass hat mich schon früher gereizt, als ich etwa fünf, sechs Jahre alt war. Da hat mein Vater eine Sonate für Kontrabass und Klavier geschrieben, für den damaligen Solobassisten der Wiener Philharmoniker. Mein Vater Wolfgang Wagner ist Komponist. Ich habe mir damals diese Aufführung angehört und der Bassist hat ganz gut gespielt. Man sieht diese Riesenkiste, dieses Monstrum, und dann kommen solche warmen, weichen Töne raus - das hat mich fasziniert. Irgendwann hat es sich in mich reingefressen und dann konnte ich nicht mehr anders, als Bass zu spielen.

Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur EXTRA | 24.01.2024 | 13:00 Uhr

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