Deutschlands erster Fernsehkoch und sein Toast Hawaii
Lange bevor Alfred Biolek mit Prominenten Wein trank und Rainer Sass anfing, vor der Kamera zu kochen, entzückte Clemens Wilmenrod Deutschland mit exotischen Gerichten.
Kochen ist Volkssport geworden, so scheint es. Auf allen TV-Kanälen versuchen sich Köche und Möchtegern-Köche darin, das Fernsehpublikum von ihren Künsten zu überzeugen. Dabei kommt alles zum Einsatz, was die globalisierte Küchenwelt zu bieten hat - gekocht wird international und cross-over.
Clemens Wilmenrod war Deutschlands erster Fernsehkoch
Doch das war nicht immer so. Pizza, Pasta und Oregano wurden in Deutschland erst bekannt, als die Deutschen in Folge des Wirtschaftswunders in Scharen die Sommerferien in Italien verbrachten und dort die mediterrane Küche entdeckten. Für ein wenig Exotik in der Heimat sorgte Deutschlands erster Fernsehkoch Clemens Wilmenrod. Als seine Sendung "Clemens Wilmenrod bittet zu Tisch" am 20. Februar 1953 zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, lagen die entbehrungsreichen Nachkriegszeiten erst wenige Jahre zurück, der Zweite Weltkrieg war gerade einmal acht Jahre zu Ende. Gesendet wurde aus dem Bunker auf dem Hamburger Heiligengeistfeld, damals Sitz des NWDR.
Bekanntestes Rezept: Toast Hawaii
Wilmenrod zauberte die damals unglaublichsten Dinge in seiner Fernsehküche. Mit den Worten "Ihr lieben, goldigen Menschen" begrüßte er seine Zuschauer und beglückte sie mit einfachen Gerichten zum Nachkochen in seinem Fernsehstudio. "Spaghetti nach Art der schwarzen Carola", "Päpstliches Huhn" und "Tessiner Fischschnitzel" sind nur einige der Kreationen von Wilmenrod.
Die meisten Gerichte aber waren gar nicht so wirklich neu: So verbarg sich hinter dem "Arabischen Reiterfleisch" nichts weiter als eine schlichte Frikadelle, die mit etwas Paprikapulver aufgepeppt zu einem exotischen Gericht heranwuchs. Dazu empfahl der Koch als Beilage grüne Bohnen oder - sollte es als Abend-Imbiss gereicht werden - ein Butterbrot. Bis heute ist vor allem ein Rezept bekannt: der legendäre "Toast Hawaii". Eine Scheibe Toast, Kochschinken, Ananas aus der Dose, mit einem Scheibchen Käse überbacken - und nicht zu vergessen die Cocktail-Kirsche, denn das Auge isst ja bekanntlich mit. Fertig ist der Klassiker. Selbst Fernsehkoch Johann Lafer präsentierte in einer Kochsendung unter dem Motto "Retro kochen" seine eigene Variante dieses Klassikers.
Vom Schauspieler zum Fernsehkoch
Dabei war Clemens Wilmenrod gar kein Koch. Wilmenrod, der mit richtigem Namen Carl Clemens Hahn hieß, wurde am 24. Juli 1906 geboren, in Willmenrod im Westerwald, daher auch sein Künstlername. Wilmenrod war eigentlich Schauspieler, doch seine wahre Berufung entdeckte er als Fernsehkoch. Von 1953 bis 1964 wurden fast 200 Sendungen ausgestrahlt. Wenn er vor der Kamera kochte, waren die Straßen wie leergefegt. Am Tag nach der Sendung waren die Produkte, die er anpries, vergriffen. Zauberte er ein "Tessiner Fischschnitzel", das aus Kabeljau bestand, wurde am nächsten Tag der Kabeljau knapp. Denn bei aller Exotik, die "Don Clemente", so sein Spitzname, in seinen Rezepten vermittelte, kochte er doch mit Zutaten, die jeder kannte und zu Hause stehen hatte. Scheibenkäse, Obst und Gemüse aus der Dose oder Paprikapulver setzte er regelmäßig ein.
Vorwürfe wegen Schleichwerbung
Wilmenrod setzte seine Popularität auch gewinnbringend ein. Dafür wurde ihm Schleichwerbung vorgeworfen, da er in seiner Sendung für Küchengeräte und Produkte warb. Selbst "Der Spiegel" titelte mit Wilmenrod und stellte dabei die Frage, ob Fernsehschaffende sich gegen Honorar für Werbung zur Verfügung stellen dürften.
Seine Sendung wurde schließlich das letzte Mal am 16. Mai 1964 ausgestrahlt. Wilmenrod erkrankte wenige Jahre später an Magenkrebs, am 12. April 1967 starb Deutschlands erster Fernsehkoch.