Stand: 11.02.2014 19:40 Uhr

Intershop: Die Gier der DDR nach D-Mark

Eine Intershop-Filiale in Ostberlin im Luxushotel Metropol, aufgenommen am 10.11.1977. © dpa/picture alliance Foto: Günter Bratke
Mit den Intershops hat die DDR mehr verdient als durch Häftlingsfreikäufe und Westkredite. (Archivbild)

In Konsum und Kaufhalle besorgten sich die Menschen in der DDR das Profane für den Alltag, die Milchflaschen und den Kohlenanzünder. Doch daneben gab es auch Läden, die Sehnsuchtsobjekte verkauften: die Intershops. Das klang nach Westen, das roch nach Westen und die Umsätze stiegen und stiegen. Vor 40 Jahren, Anfang Februar 1974, war es schließlich auch DDR-Bürgern erlaubt, dort einzukaufen.

Vom "Transitlager" zur absoluten Goldgrube der DDR

Für den Wirtschaftshistoriker Matthias Judt ist es kein Wunder, dass die Erinnerung an die Läden bei vielen so lebendig ist. Zunächst nannten sich diese "Transitlager", später "HO Internationaler Basar". Der klangvollere Name Intershop tauchte 1956 auf. Bereits Mitte der 60er-Jahre gab es in der DDR mehrere 100 Verkaufsstellen. Vor allem Ausländer und Bundesbürger sollten angelockt werden, um ihre Devisen dort auszugeben. Besonders das Geschäft mit den West-Berlinern wurde schnell lukrativ, eine absolute Goldgrube. Mit den Intershops hat die DDR mehr verdient als durch Häftlingsfreikäufe und Westkredite.

Inseln der Glückseligkeit beim Familienspaziergang

Eine Intershop-Filiale in Ostberlin in der Nähe des Bahnhofs Friedrichstraße, aufgenommen am 10.11.1977. © dpa/picture alliance Foto: Günter Bratke
Einer von 470 Intershops in der DDR: In der Nähe des Bahnhofs Friedrichstraße in Berlin. (Archivbild)

Intershops waren nicht nur einfach Läden, sondern für viele auch Inseln der Glückseligkeit beim sonntäglichen Familienspaziergang, gut ausgeleuchtete Paradiese fernab der sozialistischen Mangelwirtschaft, der kleine Westen im Osten. Allerdings waren sie der DDR-Regierung zumindest ideologisch peinlich. Lange Zeit wurde offiziell über sie geschwiegen. Im Dezember 1973 aber wurde das Devisengesetz geändert und ab Februar 1974 durften auch DDR-Bürger offiziell bis zu 500 DM besitzen und in den Intershops einkaufen.

Rasant wächst das Netz der meist schaufensterlosen und etwas versteckt liegenden Shops. 1977 gibt es 271 Läden, Spitzenreiter ist der Bezirk Rostock mit 36. Mit Einführung der Forumschecks 1979 brechen die Umsätze der Intershops ein, erzählt Wirtschaftshistoriker Matthias Judt. Doch diese Wertgutscheine blieben bis zum Ende der DDR Zahlungsmittel.

Alkohol, Zigaretten und Textilien sind die Umsatzbringer

1989 gab es in jeder DDR-Kreisstadt mindestens einen Intershop, 470 waren es insgesamt. Die Preise waren indes nicht einheitlich. In den Läden nahe der Grenze, an Transitstrecken und in den Intershop-Verkaufsstellen im Berliner Bahnhof Friedrichstraße waren die Preise der Hauptumsatzbringer – Alkohol, Zigaretten und Textilien – knapp unter den Preisen in der BRD. Im Rest der Republik lagen die Preise dagegen knapp über den Westpreisen.

Intershop lebt in schwarzen Scheiben gegenüber dem Leuchtturm weiter

Ein Intershop im Norden war der in der Warnemünder Parkstraße. Die rot angestrichene Holzbaracke gehörte zum Hotel Neptun und war eigentlich für die schwedischen Bauarbeiter beim Hotelneubau errichtet worden. Doch dann zog die wunderbare Welt der Westwaren ein, allerdings streng geschützt hinter Glas. Heute gibt es in Warnemünde zwar keinen Intershop mehr, aber gegenüber des Leuchtturms versteckt sich ein kleiner Laden, in dem die damals begehrten schwarzen Scheiben aus dem Laden noch zu finden sind. Andreas Buhse führt den Laden und hat ein kleines Regal für Intershop-Platten aufgestellt, die immer noch als Sammlerobjekte gelten.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | 11.02.2014 | 20:15 Uhr

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