Wehnen: Anstalt mit düsterer Vergangenheit
Vor den Toren Oldenburgs steht ein Gebäudekomplex mit einer grausamen Vergangenheit. 1858 nahm die "Irrenheilanstalt zu Wehnen" ihren Betrieb auf - psychisch kranke Menschen sollten dort Hilfe erhalten. Viele von ihnen schafften es aber nicht mehr lebend aus der Anstalt: Mehr als 1.500 Patienten sollen während der Zeit des Nationalsozialismus in der Heil- und Pflegeanstalt Wehnen ermordet worden sein. Gestorben an Unterernährung und Entkräftung wurden sie zu Opfern der NS-Euthanasie.
Als "Irrenanstalt" eröffnet
Nach einer mehrjährigen Planungs- und Bauphase eröffnete das Großherzogtum Oldenburg die Klinik am 15. März 1858. In der Anstalt sollten anfänglich 80 Patienten untergebracht werden. Mit den Jahren stieg die Zahl jedoch immer weiter an - zur Jahrhundertwende waren es bereits 225 Patienten, die in Wehnen behandelt wurden, 1911 dann sogar 310 Patienten bei mittlerweile 400 zur Verfügung stehenden Betten. Das Klinik-Gelände umfasste zu der Zeit ein Areal von 62 Hektar, auf dem die zu Behandelnden in verschiedenen Pavillons untergebracht waren.
Die Klinik beschränkte sich nicht nur auf die Behandlung von Patienten, sondern bildete ab 1907 selbst pflegerisches Personal aus. 1920 wurde auf dem Gelände sogar eine Krankenpflegeschule gegründet. Nach dem Ersten Weltkrieg und in Folge der Weltwirtschaftskrise gingen die Patientenzahlen jedoch zunächst zurück. Zeitweilig standen in der Klinik nur noch knapp 180 Betten zur Verfügung. Die Anstalt sollte sich von den Einbrüchen allerdings wieder erholen. Bis zum Jahr 1933 waren es wieder 300 Betten.
1.500 Euthanasie-Opfer in der NS-Zeit
Nun begann das dunkle Kapitel der Geschichte der Pflegeanstalt, denn die Politik der NS-Euthanasie sollte auch die Anstalt in Wehnen betreffen. Die Sterberate in der Klinik stieg beträchtlich an - von zehn Prozent im Jahre 1939 auf 31 Prozent 1945. Das fand der Historiker Ingo Harms heraus. "Aller Wahrscheinlichkeit nach ging die in ihr enthaltene Übersterblichkeit [überdurchschnittliche Sterberate - Anm. d. Red.] auf drastische Einsparungen der Pflegekosten, insbesondere bei der Ernährung, zurück", schreibt Harms in seinem Aufsatz "Das Schicksal der ausländischen Patienten in der Heil- und Pflegeanstalt Wehnen während des Nationalsozialismus". Die Erkenntnisse des Historikers legen nahe, dass mindestens 1.500 Patienten dadurch zu Tode gekommen sind. Damit widerlegte er die für lange Zeit vorherrschende Meinung, die Anstalt Wehnen sei von der NS-Euthanasie unbelastet.
Gedenkstätte auf dem Klinikgelände
Zum Gedenken an die Euthanasie-Opfer wurde auf dem Klinikgelände 2001 ein Denkmal errichtet. Seitdem sollen zwei Bronze-Blöcke an die Opfer erinnern. 2004 wurde die "Alte Pathologie" dann außerdem zur Gedenkstätte umfunktioniert. Das Gebäude diente der Anstalt zu früheren Zeiten als Leichenhalle, wurde dann aber lange als Geräteschuppen genutzt.
1974 übernahm der Bezirksverband Oldenburg vom Landessozialhilfeverband die Trägerschaft für die Klinik. Im Folgejahr gab es einen erneuten Wechsel: Das Land Niedersachsen wurde zum neuen Träger. Die Übernahme war mit einer Namensänderung verbunden. Fortan sollte die Klinik "Niedersächsisches Landeskrankenhaus Wehnen" heißen. Und auch in der Ausrichtung veränderte sich einiges: Ehemals als eher unspezifisches Großkrankenhaus arbeitend, entwickelte sich das Landeskrankenhaus nun zu einer psychiatrischen und psychotherapeutischen Fachklinik mit 425 Betten. Doch sowohl Name als auch Träger wechselten 2007 erneut. Seitdem ist der Psychiatrieverbund Oldenburger Land gemeinnütziger Träger der inzwischen in Karl-Jaspers-Klinik umbenannten Einrichtung.