Die männliche Meinungsmacht in den Medien
Frauen wollen Karriere machen. Frauen sollen Karriere machen. Doch was tatsächlich Karriere macht ist das Thema Frauenquote. Sie sorgt für Schlagzeilen, wird in Talkshows und Artikeln debattiert und in vielen Redaktionen diskutiert. Auch bei uns. Denn in den Medien sieht man zwar viele Frauen, doch die Chef-Posten sind bis auf wenige Ausnahmen Männersache.
Die Chefs vom stern, die Herren vom SPIEGEL, der Chef der Süddeutschen Zeitung, die Chefs der Frankfurter Allgemeine, der Frankfurter Rundschau, der Chef der Financial Times, des Handelsblatt, der Welt, des Hamburger Abendblatt, der BILD, der ZEIT. Und die Chefs des focus. Das sind die Chefredakteure überregionaler Blätter. Alle verbindet eins: Sie sind männlich. Einzige Ausnahme ist die taz.
Ines Pohl, Chefredakteurin der taz, meint: "Man ist zum Teil manchmal amüsiert, finde ich, wenn man diese ganzen grauen Anzüge sieht und denkt, oh mein Gott, es ist in der Medienbranche wirklich, wirklich ganz, ganz schlimm. Eigentlich ist es aber natürlich traurig, dass die deutschen Medienunternehmen da so weit hinterherhinken."
Die taz hinkt nicht. Sie hat sich eine Frauenquote von 50 Prozent für die Redaktion verordnet. Auch die Chefredaktion ist weiblich dominiert.
Stern und Zeit liegen mit einer Quote von 30 Prozent weiblichen Führungskräften in der Branche noch ganz gut.
Bei den Springer-Blättern Hamburger Abendblatt, Welt und BILD ist nur noch jede fünfte Führungskraft weiblich.
Schlusslicht bildet der Spiegel mit sieben Prozent. Ähnlich mies die Süddeutsche Zeitung.
Redaktionen reagieren
Journalismus ist immer noch ein Geschäft unter Männern, erst recht in den "typisch männlichen" Ressorts zum Beispiel beim Handelsblatt.
Gabor Steingart, Chefredakteur des Handelsblattes glaubt, " die Kultur insgesamt, weltweit in den Wirtschafts- und Finanzzeitungen, hat Ähnlichkeit mit einem Western-Countryclub. Es riecht nach T-Bone-Steak, nach Countrymusik und nach Herrenwitz."
Das soll nicht so bleiben. Der Chefredakteur hat angekündigt, den Frauenanteil in den nächsten fünf Jahren von 14 auf 30 Prozent steigern zu wollen: "In einer Welt, die sich verändert, einer Arbeitswelt, die sich verändert, wo Frauen auf allen Etagen in die Firmen drängen, in die Berufe, in die neuen Berufe drängen, muss eine Wirtschafts- und Finanzzeitung mit der Zeit gehen, sich anpassen. Also wir tun das nicht aus Gutmenschentum. Ich glaube, wir Zeitungen tun das im eigenen Interesse."
Auch die Fernsehsender reagieren. Beim WDR sind 31,3 Prozent der Führungskräfte in den höchsten Vergütungsgruppen weiblich, beim NDR 23,8 Prozent. Patricia Schlesinger ist eine von ihnen. Die frühere Moderatorin und Korrespondentin ist heute Leiterin des Bereichs Kultur und Dokumentation beim NDR Fernsehen.
Patricia Schlesinger: "Wir haben ja lange Zeit und ich gehörte auch dazu, gedacht, es geht alleine. Es geht alleine, die Frauen kommen schon, sie drängen in diese Jobs. Ich glaube inzwischen, und das ist neu, ich glaube inzwischen, dass wir eine Quote gut gebrauchen können."
Pohl: "Warum? Weil es offensichtlich eben ohne diese Quote nicht geht. Wir sehen es in ganz vielen Bereichen, dass die Frauen immer noch deutlich weniger repräsentiert sind, als es eigentlich ihrer Qualifikation entspricht. Deswegen ist eine Quote sinnvoll."
Wollen Frauen keine Führungsposition?
Der Frauen-Quote widmete auch der Spiegel in der vergangenen Woche seine Titelgeschichte (31.01.2011). Stellte in eigener Sache klar: Es gäbe in der Redaktion zwar 28 Prozent Frauen, auf Ressortleitungsebene seien es aber nur sieben Prozent. "Nun macht mal", forderten die Autorinnen ihre Chefs auf. Eine Woche später wettert der Wirtschaftsressortleiter eine Quote sei "nicht nur albern und dirigistisch, sondern kontraproduktiv" (07.02.2011). Und zitiert eine Spiegel-Umfrage: "Würden Sie gern eine Führungsposition einnehmen?" 25 Prozent der Frauen sagten ja. 74 Prozent verneinten.
Schlesinger: "Ich glaube, dass es doch einige Frauen gibt, die das scheuen. Das muss man auch akzeptieren. Aber ich glaube, auf der anderen Seite, und das gibt so eine Umfrage nicht wieder, es gibt auch Frauen, die sich das zutrauen, die das wollen."
Frauen ohne Selbstvertrauen, beklagt auch Bascha Mika. Sie fordert sie auf, die Komfortzone zu verlasen:
"Wenn es dann darum geht, wie wir handeln, dann sind wir leider Gottes oft konfliktscheu, feige und bequem." ("Kulturzeit", 3sat, 04.02.2011).
Bascha Mika: "Man kann es sich ja auch ganz angenehm machen und man bekommt auch gesellschaftliche Unterstützung." ("klipp und klar", rbb, 07.02.2011).
Bascha Mika: "Der Ärger und der Zorn darüber, dass Frauen, und das beobachte ich eben seit vielen, vielen Jahren, das wir so stark unter unseren Möglichkeiten bleiben." (Stilbruch", rbb, 03.02.2011).
Sind Frauen immer noch zu bescheiden?
Was machen die Männer anders, um ganz nach oben zu kommen?
Pohl: "Es ist sicher so, dass es diese "old boys networks" weiter gibt, das die Männer da unter sich bleiben wollen, die bestimmen dann die Regeln, die kennen sich [...] da gibt es natürlich, glaub ich schon, das Bestreben, Frauen auch draußen zu halten. Dass man eher die fördert, die einem selbst entsprechen. Sprich die Jungs fördern dann eher die Jungs."
Schlesinger: "Ich glaube, dass es diese gläserne Decke gibt, ja. Und ich glaube auch, dass es nicht so einfach ist, sie zu durchstoßen auch das. Ich glaube, man muss da schon branchenspezifisch gucken, wir in den Medien sind da nicht da, wo man sein könnte."
Denn deutsche Redaktionen sind immer noch überwiegend männlich. Männer dominieren die Inhalte. Männer besetzen die Chefsessel.
Steingart: "Ich komme aus der Männerkultur - bin ein Mann. Und jetzt müssen wir zum Teil uns einfach, auf Konferenzen, auch mal zurücknehmen. Man muss lernen, sich zurückzunehmen, zuzuhören, zu gucken, was wollen die anderen? Was will das andere Geschlecht? Was wollen auch unsere neuen Leserinnen?"
Wenn solche Ankündigungen nicht nur Floskeln bleiben, könnten die Impressi deutscher Tageszeitungen in Zukunft anders aussehen. Die mächtigen Männer in den Chefredaktionen müssten nur ein Zeichen setzen.
Schlesinger: "Ich glaube, eine Quote könnte beide Seiten unter Druck setzen. Zum einen die Männerriegen, die entscheiden sich im Zweifel eher für einen Mann, der nicht schwanger wird oder die Kinder nicht hat in der Betreuung. Und auch für die Frauen, die sich auch gerne aus ihrer Komfortzone nicht so wegbewegen wollen und sagen, ich möchte gar nicht in die Hitze einer Küche, in die Hitze einer führungsebene. Von daher glaube ich, eine Quote täte allen ganz gut."