Stand: 17.01.2017 12:00 Uhr

Neue Rechte auf dem Vormarsch

von Djamila Benkhelouf, Julian Feldmann & Philipp Hennig

Der Antrag der Bundesländer, die rechtsextreme NPD zu verbieten, ist gescheitert. Für das Bundesverfassungsgericht geht von der Partei keine konkrete Gefahr für die Bundesrepublik aus, auch weil die NPD politisch kaum noch eine Rolle spielt. Ohnehin hat sich die rechte Szene in den vergangenen Jahren neu aufgestellt - jenseits von der Partei NPD. Am rechten Rand ist eine Bewegung aktiv, deren gesellschaftlichen Einfluss nicht wenige schon jetzt als stärker einschätzen als den der NPD.  

VIDEO: Neue Rechte auf dem Vormarsch (7 Min)

Aktionen der Identitären vor CDU-Zentrale

Mit spektakulären und provokanten Aktionen gegen Flüchtlinge und demokratische Parteien macht die rechtsextreme "Identitäre Bewegung" auf sich aufmerksam. Vertreter der Gruppe kletterten im vergangenen Jahr auf das Brandenburger Tor und entrollten ein Banner mit der Aufschrift "Sichere Grenzen - sichere Zukunft". Vor der CDU-Zentrale in Berlin organisierten die Rechten vor einigen Wochen eine Sitzblockade. Medienwirksam wurde zum Stopp von "Multikulti" aufgefordert.

Neue Rechte
Maren Brandenburger, Chefin des Verfassungsschutzes in Niedersachsen, sieht bei der "Identitären Bewegung" einen "kulturell verbrämten Rassismus".
Experten: "Identitäre" sind fremdenfeindlich und antidemokratisch

Als rechtsextrem will die Gruppe allerdings nicht gesehen werden. "Null Prozent Rassismus - 100 Prozent Identität" - damit werben die "Identitären". Vom Erscheinungsbild erinnern ihre Vertreter auch eher an eine linke Studentengruppe, weit weg vom alten Klischee der Radikalen vom rechten Rand. Doch Experten bewerten die Bewegung als fremdenfeindlich und antidemokratisch. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die "Identitären" und stuft sie als rechtsextrem ein. Ihre Ursprünge liegen in Frankreich, wo sie als radikale Jugendbewegung der Neuen Rechten auftreten. Seit 2012 sind sie auch in Deutschland aktiv. Für die Sicherheitsbehörden hat die Radikalität der "Identitären" seit der Flüchtlingskrise zugenommen. Niedersachsens Verfassungsschutz-Chefin Maren Brandenburger sieht bei der Organisation einen "kulturell verbrämten Rassismus".

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Bei den "alten" Rechten stoßen die Neuen Rechten auf Bewunderung. Christian Worch setzte sich lange für die NPD ein, 2012 gründete er die Neonazi-Partei "Die Rechte" als Konkurrenz zur schwächelnden NPD. Die Aktionen der "Identitären" beeindrucken den Rechtsextremisten: "Ich finde das fantasievoll, ich finde das kreativ, es sind schön gestaltete Aktionen und mit minimalem Aufwand wird maximaler Erfolg erzielt."

Auch Teile der AfD gehören zur Neuen Rechten. Vor allem bei der "Jungen Alternative", der Jugendorganisation der AfD, gibt es Berührungspunkte zur "Identitären Bewegung". Solche Hinweise liegen auch dem niedersächsischen Verfassungsschutz vor. "Auch aufgrund der thematischen Überscheidungen", so die Behörde, "würde eine zumindest teilweise Annäherung nicht überraschen". Bei Aufmärschen der "Identitären" war etwa Lars Steinke dabei. Der Göttinger Student leitet die AfD-Jugend in Südniedersachsen und die AfD-Hochschulgruppe.

Offiziell distanziert sich AfD von "Identitären"

"Die 'Identitären' wollen praktisch gesehen Ähnliches, was die AfD auch will", sagt Steinke im Interview mit Panorama 3. Offiziell distanziert sich die AfD von den "Identitären" - sie stehen auf einer "Unvereinbarkeitsliste" der Partei. Auch die Jugendorganisation ist auf dieser Linie. Steinke läuft seitdem nach eigenen Angaben nicht mehr bei Demonstrationen der Rechtsextremisten mit. Allerdings hält er nichts von der Distanzierungen der AfD und ihrer Jugendorganisation: "Ich glaube nicht, dass es uns hilft, ich glaube eher, dass es uns schadet. Denn die Leute haben von der politischen Korrektheit, von dieser Abgrenzerei die Schnauze voll. Man will endlich mal frei sagen können, was man denkt und wie man ist."

AfD-Abgeordnete haben keine Berührungsängste

Auch Holger Arppe, der für die AfD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern sitzt, hat keine Berührungsängste mit der rechtsextremen Jugendbewegung. Die Abgrenzungsbemühungen der Parteispitze kommentiert er so: "Ich finde diese ganze Diskussion hochgradig verlogen und deswegen sehe ich für mich persönlich auch keinen Grund für eine Distanzierung oder Abgrenzung von der 'Identitären Bewegung'." Die "Identitären" seien "Ausdruck eines Bedürfnisses vor allem bei jungen Leuten, sich für politische Inhalte zu engagieren", sagt der Abgeordnete.

Die Neuen Rechten schwärmen selbst von einer Bewegung, die in Gang gesetzt werde. Der Soziologe Matthias Quent warnt vor einem "extrem rechten Mosaik", das gemeinsam ein bedrohliches Bild darstelle. Die Bewegung füge sich "sehr gut zusammen", so Quent. Weil die Gruppen arbeitsteilig vorgingen und unterschiedliche Milieus bedienten. "Im Grunde getrennt marschieren und vereint zuschlagen." Mit mehr Einfluss als zuletzt die NPD.

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Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 17.01.2017 | 21:15 Uhr

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Rechtsextremismus

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