Ärger um Minijobs: Arbeitgeber ignorieren Mitarbeiter-Rechte
Minijobbern begegnet man überall: Zeitungsausträger, Verkäuferinnen, Pizzaboten - für maximal 450 Euro monatlich arbeiten fast sieben Millionen Menschen auf Minijob-Basis in fast allen Bereichen. Der Vorteil: sie sind sozialversichert, erhalten Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, erarbeiten sich Renten- und auch Urlaubsansprüche. Ein besonders attraktives Modell für Studenten, Rentner oder Frauen, die sich etwas dazuverdienen wollen.
Doch viele Arbeitgeber scheinen die Dienste der Minijobber zwar gerne anzunehmen, die Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis aber schlichtweg zu ignorieren. Eine neue Studie belegt, dass über 60 Prozent der Minijobber noch niemals Urlaub beantragt haben, über 40 Prozent Minijobbern sollen die Arbeitgeber aktiv Lohnfortzahlungen und Urlaub verweigert haben.
Seit 17 Jahren kein Urlaub
Einer, der seit 17 Jahren keinen bezahlten Urlaub mehr gemacht hat, ist Viktor Frank. Der 79-Jährige arbeitet als Minijobber bei der Firma Egerland in Osnabrück. Sein Job: er bewacht nachts den Parkplatz der Firma. Damit bessert er seine Rente auf, käme ohne den Zusatzverdienst nicht über die Runden. Ein paar Mal hat er versucht beim Arbeitgeber Urlaub durchzusetzen, ohne Erfolg. Auf Anfrage des NDR weist das Unternehmen nur darauf hin, dass man "rüstigen und interessierten Rentnern ermöglicht, sich (...) zu ihrer Rente noch etwas Geld hinzuzuverdienen". Über Urlaub und sonstige gesetzliche Ansprüche verliert das Unternehmen kein Wort. Sicher auch, weil sich Viktor Frank inzwischen auch gerichtlich wehrt. Anfang Juni kommt es vor Gericht zu einem Gütetermin.
Bei Urlaub Kündigung
Für den Arbeitsrechtler Peter Schüren ist die Rechnung der Arbeitgeber sehr einfach: "Wenn man denen Geld nicht gibt, spart man Geld, gibt weniger aus und die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Menschen wehren ist nicht besonders groß und wenn sie sich wehren, dann kann man sich einigen und zahlt halt nach, wenn sie sich nicht gewehrt haben, behält man den Vorteil. Das ist eine Überlegung, mit der man eine ganze Menge Geld verdienen kann."
Auch ein Student aus Kiel, Thomas (richtiger Name der Redaktion bekannt), hat bei seinem ehemaligen Arbeitgeber, der Pizzawerkstatt "Mundfein", versucht, bezahlten Urlaub zu bekommen. Er wird durch die Hierarchie geschickt und landet letztendlich beim Inhaber der Filiale, der ihm klarmacht, natürlich dürfe er bezahlten Urlaub machen, doch dann müsse man sich von ihm trennen. Kurz nach seinem Urlaub bekommt er die Kündigung zugestellt, aus betrieblichen Gründen. Bei einem Interview bestreitet der Filialchef ausdrücklich, dass die Kündigung in Zusammenhang mit der Gewährung von Urlaub steht:“Natürlich hat jeder Anspruch auf Urlaub, das ist Gesetz, und das hab ich ihm auch bezahlt, es ist nicht so, dass ich das nicht gemacht hab, also, klar." Zudem habe man sich geeinigt. Eine wohl lückenhafte Erinnerung, denn Thomas musste vor Gericht ziehen, um zu seinem Recht zu kommen. Jetzt ist er seinen Job los, hat aber immerhin eine Abfindung von 700 Euro erhalten.
Sanktionen gegen Arbeitgeber gefordert
Der Arbeitsrechtler fordert Sanktionen gegen die Arbeitgeber, damit diese Art der Ausbeutung ein Ende hat. "Arbeitgeber, die so etwas planmäßig machen, müssen ein richtig, deftiges Bußgeld drauf bekommen, dass ihnen die gesamten Vorteile, die sie durch so ein Verhalten haben, wegnimmt und noch was oben drauf." Eine Forderung, die in Berlin wenig Gehör findet. Dort findet man, es reiche weiterhin aus, wenn sich die Minijobber wehrten und vor Gericht zögen.