Rasanter Stillstand in Sachen Gleichberechtigung
Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist noch längst nicht erreicht. Kaum die Hälfte des Weges sei geschafft. Zu dieser gemeinsamen Einschätzung kamen die Gäste der Podiumsdiskussion zum Auftakt des 37. Herbsttreffens der Medienfrauen.
Zum Thema "Umbruch in der Gesellschaft - Neue Rollenbilder" diskutierten am Freitagnachmittag NDR Intendant Lutz Marmor, Jana Schiedek, Gleichstellungssenatorin in Hamburg, die Journalistin Lisa Ortgies, Silke Martini, Gender Consulting und Maximilian von Düring von der Initiative Männerfürmorgen. Im Wesentlichen waren sich die Diskutanten einig: Frauen sind in Führungspositionen unterrepräsentiert. Männer dominieren das Geschäft. Junge Frauen starten erfolgreich in den Beruf, gehen auf dem Weg nach oben aber verloren. Sie arbeiten in Teilzeit, was oft das Ende ihrer Karriere bedeutet. Und sie sind es, die sich überwiegend und selbstverständlich um Familie, Kinder und Angehörige kümmern. Fürsorge ist vor allem Frauensache.
Unter der Moderation von Annette Leiterer vom NDR Fernsehen analysierten die Gesprächsteilnehmer diesen Zustand, skizzierten Auswege und Grenzen. Maximilian von Düring appellierte förmlich an die Väter, ihr Selbstverständnis zu überdenken. Familie würde nahezu reflexhaft als Last und Pflicht dargestellt, dabei könnten sich Männer doch auch mit Freude um ihre Kinder kümmern und das als Bereicherung empfinden. Noch ist es aber so, dass Männer mehr arbeiten, wenn sie Vater werden, und noch mehr arbeiten, wenn sie zum zweiten Mal Vater werden. Und auch Frauen leiden nicht, wenn sie Chefin werden: "Leitung ist sexy. Frauen passen sich oft und gern an, um mitzumachen“, so Silke Martini.
Männer sollen einerseits ermuntert werden, in die "Fürsorgelücke zu stoßen" (Ortgies), anderseits sei die Förderung von Frauen weiterhin notwendig. Hier gehe es um Gerechtigkeit, aber auch um um Vorteile für die Unternehmen. "Mehr Frauen in Leitungsfunktionen sind gut für das Unternehmensklima", sagte auch NDR Intendant Lutz Marmor und sprach sich für Frauenförderung aus. Teilzeit in Leitungsfunktionen, flexible Arbeitszeitmodelle, Job-Sharing seien geeignete Maßnahmen. Betriebliche Angebote stießen aber auch an ihre Grenzen, wenn die familiären Aufgaben einseitig verteilt seinen. Lutz Marmor hob hervor, dass die Frauenförderung in den vergangenen Jahren im NDR Fortschritte erzielt habe, aber dennoch "weniger erfolgreich war, als ich gehofft hatte". Im NDR sind knapp 30 Prozent der Führungskräfte Frauen.
Personalentwicklung, Rollenbilder, Stereotypen und die ganz banale Notwendigkeit den Lebensunterhalt zu verdienen – der Weg zu mehr Gleichberechtigung ist mühsam. Rollenbilder ändern sich langsam, aber sie verändern sich.