Reittherapie vor dem Aus: Flensburger Kita hofft auf Spenden
Für die Kinder der Kita Sol-Lie aus Flensburg ist das therapeutische Reiten jedes Mal ein Höhepunkt. Das inklusive Projekt braucht aber finanzielle Unterstützung.
Joline ist fünf Jahre alt und überglücklich, wenn sie auf dem breiten Rücken von Louis reiten darf. Für das kleine Mädchen ist es für eine kurze Zeit eine Reise in eine andere Welt. Geduldig lässt der ruhige Wallach die Kleine gewähren. Für Joline sind es Momente des Glücks, wenn sie und Louis für einen Moment "Eins" werden, sie sich getragen fühlt. So kann sich das Mädchen mit erhöhtem Förderbedarf entspannen, fühlt sich sicher und geborgen.
Verbindung durch Nähe schaffen
Therapeutin Jutta Pfeiffer hat ihren Louis mit drei Jahren aus Irland geholt und zu einem Therapiepferd ausgebildet. Einmal in der Woche kommen die Kids der Kita Sol-Lie aus der Flensburger Neustadt zu ihr nach Handewitt (Kreis Schleswig-Flensburg). Die Kleinen sind zwischen drei und sechs Jahre alt, darunter auch Kinder mit einem Förderbedarf - zum Beispiel aufgrund einer Behinderung. Bevor die Kita-Kids reiten dürfen, müssen sie Louis erstmal bürsten, striegeln und vor allem streicheln. Das ist ganz wichtig, denn es schafft Nähe - Nähe zum Pferd, aber auch zu den Kindern untereinander und den Erwachsenen. Oft sind die Kinder mit erhöhtem Förderbedarf nämlich zunächst schüchtern und ängstlich. Durch das ruhige Gemüt von Louis fassen sie schnell Vertrauen, werden mutiger, trauen sich mehr. Sie Packen mit an, Kratzen Hufe aus und wollen am liebsten die ganze Zeit Louis betüddeln.
Reiten stärkt Motorik und schärft Sinne
Seit 28 Jahren arbeitet Jutta Pfeiffer als Therapeutin. Für sie ist es ganz wichtig, dass die Kinder mit Freude, Leichtigkeit und Spaß an Pferd und Reiten gewöhnt werden. Mit jedem Mal stellt Jutta fest, dass die Kinder mehr aus sich herauskommen. Spielerisch leitet Jutta die Kinder der Kita Sol-Lie an, indem sie die Kids zum Beispiel einen Seehund oder einen Vogel mit weit geöffneten Armen auf Louis machen lässt. Ganz Mutige sitzen sogar rückwärts auf dem Pferderücken. Das macht was mit den Kindern, sagt Jutta Pfeiffer: "Es bringt was für die Motorik, es bringt was fürs Selbstbewusstsein, fürs Gleichgewicht, Balance, Bewegungsplanung und so weiter."
"Wie ein kleiner König auf dem Pferd"
Jutta Pfeiffer freut sich, dass die Kinder jedes Mal Fortschritte machen und das Gelernte nicht vergessen. Sie wenden es beim nächsten Reiten sofort wieder an, oder trauen sich sogar mehr, werden dadurch offener, kommunikativer. Dieser Lernerfolg ist für Jutta Pfeiffer etwas ganz Besonderes, wie jeder Moment mit den Kindern. "Es ist einfach wunderschön, die Kinder strahlend auf dem Pferd zu sehen, die erst ängstlich und verhuscht kommen und erst denken, dass schaffe ich nie", sagt Pfeiffer. "Dann sitzen sie auf dem Pferd und sind wie ein kleiner König und freuen sich und strahlen übers ganze Gesicht und kuscheln mit dem Pferd und genießen die Situation. Das ist einfach toll und das ist jeden Tag wieder toll."
Lernen fürs Leben
In der Kindertagesstätte Sol-Lie werden Kinder aus allen Bildungsschichten, aus unterschiedlichen Kulturen, mit unterschiedlichen Hautfarben, Religionen, mit und ohne Behinderungen betreut. Der Kita-Träger Adelby 1 wurde vor 53 Jahren von Eltern als Sonderkindergarten Flensburg gegründet und ist Mitglied der Lebenshilfe in Schleswig-Holstein. Die Auswirkungen des therapeutischen Reitens machen sich im Alltag bemerkbar, sagt Kita-Leiter Lars Petri. "Die Kinder sind aufnahmefähiger und dann können wir in verschiedene Sprachfortbildungen gehen. Oder auch in Spracheinheiten, motorische Einheiten oder kognitive Einheiten, da ist die Aufnahmefähigkeit nochmal höher."
Das therapeutische Reiten in Handewitt ist für die Kinder der Kita Sol-Lie also auf mehreren Ebenen ein Gewinn. Körperlich und mental gehen die Kids einfach gestärkter in die Kita und am Ende auch ins Leben, so Kita-Leiter Lars Petri. Für ihre weitere Entwicklung sei das Reiten deshalb auch in Zukunft eine Bereicherung.
Da das Reiten in Handewitt nur in diesem Jahr finanziert ist, läuft das Projekt nun allerdings aus. Die Kita ist auf Spenden angewiesen, damit die Kinder auch im kommenden Jahr weiter auf Louis Rücken reiten können.